# taz.de -- BMW Guggenheim Lab: Mit Logos an den Kragen gehen
       
       > Firmen wollen nicht mehr nur Kultur finanzieren, um Steuern zu sparen und
       > für sich zu werben. Ihr Name soll alles prägen, wie das BMW Guggenheim
       > Lab zeigt.
       
 (IMG) Bild: In Kreuzberg wehren sich Leute gegen die Verschmutzung ihrer Umwelt durch Markennamenterror.
       
       Gunnar Schupelius, die Dicke Bertha des Berliner Boulevardjournalismus,
       wittert Terror. Gestern schrieb er: „Die Angst geht um in
       Friedrichshain-Kreuzberg. Die Angst verjagt zu werden …“ Schlägt sich
       Schupelius etwa auf die Seite der Gentrifizierungsgegner? Weit gefehlt,
       denn er erklärt sich: „Die Angst verjagt zu werden von Leuten, die man
       immer noch liebevoll ’Chaoten‘ nennt.“
       
       Die Aufregung ist groß in der Stadt, seitdem bekannt geworden ist, dass das
       der Stadtsoziologie dienende BMW Guggenheim Lab nicht in Kreuzberg
       errichtet werden wird, weil für die Sicherheit nicht ausreichend gesorgt
       werden könne. Dabei räumt selbst die Polizei ein, dass eher Farbbeutelwürfe
       zu befürchten seien als Anschläge.
       
       Doch die Lokalpresse wütet, Klaus Wowereit hat die Errichtung des Labs zur
       Chefsache erklärt, selbst die linke Kulturszene steht der „Vertreibung“
       eher skeptisch gegenüber. Und ja, manche Aktivistinnen und Aktivisten
       führen einen kindischen Kampf gegen den Kapitalismus, den sie in
       Markenfirmen wie Mercedes oder Coca-Cola verdinglichen wollen, weil sie ihn
       in der Kiezkneipe partout nicht finden können. So behaupteten sie auch über
       Jahre störrisch, dass „keiner“ eine McDonald’s-Filiale in Kreuzberg
       brauche, doch seit diese nun eröffnet ist, ist sie sehr gut besucht.
       
       Dennoch lohnt es, die Argumente der „Chaoten“ genauer anzuschauen.
       Einerseits ist es tatsächlich so, dass ein BMW Guggenheim Lab seine
       Umgebung aufwertet, die erwarteten hohen Besucherzahlen machen eine Gegend,
       bereits jetzt eine Ausgehmeile, noch attraktiver für Investoren.
       Andererseits kämpfen die politischen Aktivistinnen und Aktivisten gegen den
       Markennamen BMW, den das Guggenheim Lab allzu selbstverständlich trägt.
       
       ## Marke prägt alles
       
       Und selbst wenn man nicht der Meinung ist, dass der Kapitalismus allein
       durch global agierende Firmen verkörpert wird, ist das Unbehagen gegen
       diese Form des Sponsorings doch nachvollziehbar. Denn selbst dann, wenn in
       dem BMW Guggenheim Lab tatsächlich zu Fragen der Stadtsoziologie geforscht
       wird und nicht nur, [1][wie Simon Rothöhler ausführte], die Vorträge von
       Theorieprominenz mit Gourmettipps gewürzt werden, so fragt man sich, warum
       BMW nicht nur als Sponsor auftreten will, sondern die ganze Veranstaltung
       mit seinem Namen prägen will.
       
       Wir haben uns inzwischen daran gewöhnt, dass Stadien und Mehrzweckhallen
       den Namen irgendeiner Firma tragen, sodass wir es kaum noch als störend
       empfinden, dass dieses Lab den Vornamen BMW trägt. Die Kulturszene und die
       Wissenschaft sind immer mehr auf das Wohlwollen der Firmen angewiesen, die
       mit Forschungsgeldern und Sponsoring jene finanziellen Löcher stopfen, die
       der Wohlfahrtsstaat hinterlässt, da er seiner Verpflichtung zur
       Volksbildung in immer geringerem Maße nachkommt.
       
       Doch die Firmen spenden nicht etwa diskret, geben sich mit einer Erwähnung
       oder einem Logo im Programmheft, vor allem aber mit den so erzielten
       Steuervorteilen zufrieden. Nein, sie versuchen in ihrem Branding-Wahn ihr
       Logo allerorten zu platzieren, das Event oder die Vorlesungsreihe mit ihrem
       Markennamen zu durchseuchen.
       
       ## Schamlose Reklame
       
       Längst nämlich zwingen Sponsoren diejenigen, denen sie Geld zukommen
       lassen, dies auch überall zu betonen. Ein Rennfahrer muss auch bei dem
       Besuch einer Filmpremiere auf seinen Hemdkragen ausstellen, dass sein
       Gehalt zu einem Gutteil von einem Dienstleistungsunternehmen bezahlt wird.
       Die Entwürdigung, die sich Sportlerinnen und Sportler schon allenthalben
       gefallen lassen müssen, zieht nach und nach auch in den Kulturbereich ein.
       Und es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis es das Lidl
       Internationale Poesiefestival, das Nestlé Forschungszentrum für
       Kolonialgeschichte und das BASF Berliner Ensemble gibt.
       
       Das Absurde dabei ist, dass die Geldnot, in der sich die Kommunen befinden,
       auch dadurch entstanden ist, dass man Großunternehmen seit Jahren weniger
       Steuern abverlangt und es ihnen dazu noch ermöglicht hat, die
       Steuervorteile, die ihnen für Sponsoring gewährt werden, noch einmal in
       bare Münze zu verwandeln, indem sie dieses Sponsoring schamlos für Reklame
       nutzen.
       
       Man muss mit den Aktivistinnen und Aktivisten, die gegen das BMW Guggenheim
       Lab im Kiez kämpfen, nicht einer Meinung sein, um zu erkennen, dass sich
       hier Leute gegen eine Verschmutzung ihrer Umwelt durch Markennamenterror
       gewehrt haben. Farbbeutel nämlich sind hässlich an Gebäuden,
       Unternehmensnamen an vermeintlich neutralen Kulturinstitutionen aber
       ebenso.
       
       22 Mar 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Berliner-Streit-ums-BMW-Guggenheim-Lab/!90077/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörg Sundermeier
       
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