# taz.de -- Proteste in Frankreich: "Unsri Sproch isch unser Schàtz!"
       
       > Bretonisch, Baskisch, Korsisch, Okzitanisch, Katalanisch, Flämisch:
       > Zehntausende Franzosen gingen für die Sprachvielfalt auf die Straße.
       
 (IMG) Bild: Will von der Charta für Minderheiten nicht mehr wissen: Staatspräsident Nicolas Sarkozy.
       
       PARIS taz | Tausende von Französinnen und Franzosen haben am Samstag für
       ihr Recht demonstriert, auch anders als „nur“ auf Französisch parlieren zu
       können. Die regionale Sprachvielfalt bleibt nämlich ein vom Pariser
       Zentralstaat stiefmütterlich behandeltes Kulturerbe.
       
       Dabei ist Frankreich besonders reich an historischen Regionalsprachen:
       Bretonisch, Baskisch, Korsisch, Okzitanisch, Katalanisch, Flämisch,
       Elsässerdeutsch … Trotz einer jahrhundertelangen administrativen
       Vereinheitlichung und Unterdrückung sind diese Minderheitssprachen – im
       Unterschied zu vielen französischen Dialekten – nicht verschwunden. In der
       südwestlichen Region Midi-Pyrénées beispielsweise konnte sich laut einer
       Erhebung von 2010 einer von fünf Einwohnern auf Okzitanisch verständigen.
       
       Allein in Toulouse hat der Anlass mehr als 25.000 Leute mobilisiert, die
       ihre „Langue d’Oc“ pflegen und verteidigen wollen. Besonders groß ist der
       Stolz auf die eigene keltische Muttersprache auch in der Bretagne. In
       Quimper waren es mehr als zehntausend, die mit ihren schwarz-weiß
       gestreiften Fahnen, mit Trommeln und Pfeifen für den sprachlichen
       Pluralismus auf die Straße gingen.
       
       Tausende von Basken taten es ihnen in Bayonne gleich, in Perpignan galt die
       Kundgebung dem immer noch von vielen gesprochenen Katalanisch. Auch im
       Zentrum von Straßburg versammelten sich an die tausend Elsässer unter dem
       Spruchband „Unsri Sproch isch unser Schàtz!“ für ihre alemannische Mundart.
       
       ## Für Sarkozy ist die Charta Anlaß zur Polemik
       
       Gemeinsam war den Kundgebungen die Forderung, dass der Staat die
       Europäische Charta zum Schutz der Minderheitensprachen von 1992
       ratifiziert. Die Regierung hat sie zwar unterschrieben, aber nicht in Kraft
       gesetzt, weil in der Verfassung verankert ist, dass ausschließlich
       „Französisch die Sprache der Republik“ ist. Die Charta sieht jedoch vor,
       dass auch im Amtsverkehr, vor Gerichten sowie in den Schulen und Medien die
       Regionalsprachen geduldet und gefördert werden müssen.
       
       Hier geht ein Trennlinie quer durch die politischen Lager. Die Grüne Eva
       Joly und der Zentrumsdemokrat François Bayrou sind für die Charta, auch der
       Sozialist François Hollande befürwortet die Ratifizierung. Jean-Luc
       Mélenchon von der „Linksfront“ ist ein Anhänger eines „jakobinischen“
       Konzept der einheitlichen und unteilbaren Republik. Er hatte 2008 sogar die
       bretonischen „Diwan“-Schulen als eine Art „Sekte“ bezeichnet.
       
       Präsident Nicolas Sarkozy hatte zwar 2007 die Ratifizierung versprochen,
       heute ist die Charta für ihn jedoch Anlass zu Polemik: „Wer Frankreich
       liebt, schlägt nicht eine Charta vor, deren wahres Ziel es ist, allen
       Minderheiten sprachliche Rechte zu geben und sie der Kontrolle eines
       europäischen Gerichtshofs zu unterstellen, der ohne Rücksicht auf unsere
       nationale Geschichte und republikanische Tradition urteilt.“
       
       1 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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