# taz.de -- Ärztemangel: Land sucht Arzt
       
       > Ländliche Regionen Brandenburgs ringen um Mediziner. Junge Ärzte sollen
       > nun mit Anreizen für Bildung und Kultur begeistert und aus Berlin
       > weggelockt werden.
       
 (IMG) Bild: Im Jahr 2011 fehlten in Brandenburger Krankenhäusern 170 Ärzte.
       
       Die Kleinstadt Schwedt, das „Tor zum Nationalpark Unteres Odertal“, liegt
       idyllisch nahe der polnischen Grenze mit Wald und viel Wasser. Ein Idyll,
       das für Kinderärzte nicht attraktiv genug zu sein scheint.
       
       Ende März wurde die Situation in Schwedt im Landkreis Uckermark akut: Die
       Asklepios Klinik musste die Kinderstation mit 20 Betten schließen, als der
       Chefarzt erkrankte und sich kein Ersatz finden ließ. Bei einer
       Krisensitzung am Mittwoch verständigten sich Brandenburgs Ministerpräsident
       Matthias Platzeck (SPD), Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke),
       Vertreter des Asklepios-Konzerns und Politiker aus der Region darauf, mit
       einer gezielten Werbeaktion Mediziner in die Region zu holen. Spätestens im
       Oktober werde es wieder eine arbeitsfähige Kinderabteilung in Schwedt
       geben, sagte Platzeck. „In den nächsten Wochen werden Helden gesucht, die
       sich um die kleinen Patienten kümmern“, sagt Asklepios-Sprecher Rudi
       Schmidt.
       
       Doch selbst wenn für Schwedt solche Helden in Weiß gefunden werden, bleibt
       der Ärztemangel in den ländlichen Regionen Brandenburgs ein Problem. Nach
       Angaben der Landeskrankenhausgesellschaft fehlten in den brandenburgischen
       Krankenhäusern im vergangenen Jahr rund 170 Mediziner. Ein Hausarzt in
       Brandenburg behandelt im Schnitt 300 Patienten mehr als ein Kollege in
       Berlin.
       
       Ein Grund für die Unterversorgung sei die nahe Metropole: „Als Großstadt
       übt Berlin eine Sogwirkung auf junge Mediziner aus“, sagt Ralf Herre,
       Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg. Berlin weist
       bundesweit konstant die höchste Dichte an Ärzten auf.
       
       Eine mögliche, aber teure Lösung, den Mangel in Brandenburg aufzufangen,
       sind Leihärzte. Agenturen wie „Hire a doctor“ oder der „Ärztehof“
       vermitteln Ärzte auf Honorarbasis. Philipp Reuter, Facharzt für Innere
       Medizin, hat schon als Honorararzt in der Lausitz und in der Prignitz
       gearbeitet. „Viele Krankenhäuser, die keine Bewerber für offene Stellen
       finden, sind auf Honorarkräfte als Übergangslösung angewiesen“, weiß der
       35-jährige Internist aus eigener Erfahrung. Bei den kurzfristigen Einsätzen
       können Fachärzte über 100 Euro pro Stunde verdienen.
       
       Eine langfristige Lösung sind die Leihärzte aber nicht. Laut Adelheid
       Kuhlmey vom Institut für medizinische Soziologie der Berliner Charité
       müssen auf dem Land Strukturen geschaffen werden, die jungen Ärzten
       entgegenkommen. Sie hat Studierende und Absolventen an der Humanmedizin
       Berlin der Charité befragt, ob sie sich vorstellen können, in
       strukturschwachen Regionen als Arzt zu arbeiten. Über 40 Prozent der
       Befragten lehnten dies ab, knapp jeder Dritte würde die Entscheidung von
       den Rahmenbedingungen vor Ort abhängig machen.
       
       „Entscheidend für die Anwerbung hochqualifizierter Mitarbeiter sind auch
       Freizeitmöglichkeiten, Bildungs- und Kulturangebote und eine entsprechende
       Infrastruktur“, sagt Kerstin Kaiser, Vorsitzende der Linksfraktion im
       Brandenburger Landtag. Diese Voraussetzungen zu schaffen sei eine
       gemeinsame Aufgabe aller Verantwortlichen aus Politik, Kommunen und
       Wirtschaft. Ziel ist es, die ländlichen Regionen auch als Wohnort attraktiv
       für junge Mediziner zu machen. Dann könnten auch junge Ärzte wie Internist
       Philipp Reuter aufs Land ziehen. Dort hilft Reuter zwar von Zeit zu Zeit
       als Leiharzt aus. Seinen Wohnsitz hat er aber in Berlin.
       
       12 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kathrin Breer
       
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