# taz.de -- Kristina Schröders Buchvorstellung: Glück statt Politik
       
       > Kristina Schröder stellt ihr Buch in der Backfabrik Berlin vor. Dort
       > erhält sie eine goldene Kochschürze und verkauft den Status quo als
       > Fortschritt.
       
 (IMG) Bild: Kristina Schröder präsentiert Kristina Schröder: Von links nach rechts: Kristina Schröder, Kristina Schröder und Kristina Schröder.
       
       In der Berliner Brotfabrik herrschte am Dienstagabend großer Andrang.
       Dorthin hatte der Piper Verlag geladen, um das Buch „Danke, emanzipiert
       sind wir selber!“ von Kristina Schröder vorzustellen. Die Ministerin hat es
       gemeinsam mit Caroline Waldeck verfasst. Auf der Bühne sitzt sie mit der
       Journalistin Ursula Weidenfeld. Rund 150 ZuhörerInnen sind gekommen, viele
       MedienvertreterInnen.
       
       Das Buch habe sie geschrieben, um die „grundlegenden Werthaltungen“ ihrer
       Politik offenzulegen, leitet Kristina Schröder ein. Ohne Umschweife greift
       sie die Hauptthese des Buches heraus: Frauen müssten sich aus den
       Rollenerwartungen, die Feminismus und Strukturkonservativismus an sie
       stellten, befreien. Scharf schoss die Ministerin aber nur gegen den
       Feminismus: „Es gibt einen Punkt, der mich nervt, nämlich dieses
       Paternalisieren.“
       
       Ob sie die Rolle des Feminismus nicht überschätze und die katholische
       Kirche zum Beispiel mehr Einfluss auf Rollenbilder habe, hakt Weidenfeld
       ein. „Es gibt eine unglaublich verkrampfte Debatte darum, wie ein
       Frauenbild auszusehen hat“, weicht Schröder aus. Dass sie als Ministerin
       ein Kind bekam und im Amt blieb, habe die Strukturkonservativen entsetzt.
       Zwar räumt Schröder ein, wegen ihrer privilegierten Situation in der Lage
       gewesen zu sein, Arbeit und Familie zu vereinen. Politische Konsequenzen
       zieht sie daraus nicht. Sie habe einfach „Glück“ gehabt, dass ihr Mann die
       Vaterrolle annehme.
       
       Die Familienministerin erklärt es also zum Glücksfall, wenn eine Mutter
       ihren Job behält, statt dies durch ausreichend Kitaplätze oder die
       Forcierung von Teilzeit zu ermöglichen. Genau darum geht es. Schröder
       möchte definieren, „wo Privates aufhört und Politik anfängt“. Sie will
       „nicht über Strukturen“ reden, sondern über „Entscheidungen“. Konsequent
       ist da, dass sie die Wahl der Rollenmodelle einer Familie im Privaten
       ansiedelt: „Das ist nicht Aufgabe der Politik.“ Deren Aufgabe sei es
       lediglich, die Entscheidungen zu ermöglichen. Ob nicht eine Quote richtig
       wäre, um diese Wahlfreiheit zu gewährleisten, fragt Weidenfeld. „Es ist
       quasi nicht so, dass Frauen wegen ihres Geschlechts diskriminiert werden“,
       wiegelt Schröder ab. In Führungspositionen sei man diskriminiert wegen
       eines Lebensmodells, das der permanenten Verfügbarkeit widerspricht.
       
       ## Goldene Kochschürze für die Ministerin
       
       „Ich fühle mich nicht als Gouvernante der Nation“, sieht sich die
       Ministerin jenseits der Rollenmodelle. Dass sie durch das einen
       Mehrverdiener privilegierende Ehegattensplitting oder das Betreuungsgeld,
       das es den Frauen erleichtern soll, als Vollzeitmutter zu Hause zu bleiben,
       eben doch bestimmt Rollen bevorzugt, wird aus dem Publikum angemerkt. „Wenn
       Sie so argumentieren, ist auch der Krippenausbau nicht neutral“, kontert
       Schröder.
       
       Aus dem Publikum bekommt Kristina Schröder Gegenwind. Bloggerinnen und
       Karrierefrauen fühlen sich gleichermaßen unverstanden. Hinten im Raum wird
       ein Transparent entrollt: „Extrem unsozial, antifeministisch, reaktionär“.
       Dann singt ein Frauenchor der Satiresendung „Extra 3“ der Ministerin ein
       Ständchen: „Unsre Kinder erzieh’n wir von daheim / vielen Dank!“. Sie
       überreichen Schröder die „goldene Kochschürze“.
       
       ## Sie haben die Wahl
       
       Doch man sollte die Familienministerin nicht unterschätzen. Mit ihr bricht
       eine neue Ära an. Sie verkauft den Status quo als Fortschritt. Prekäre
       Alleinerziehende? Kinderlose oder abhängige Vollzeitmutter? Sie haben die
       Wahl.
       
       Trotz aller Kritik, ihr Standpunkt wird immer populärer. Die Piraten etwa
       sind auch deshalb erfolgreich, weil sie glaubhaft vermitteln können, dass
       Frauen sich in ihren Strukturen einfach die Freiheit nähmen, nicht
       repräsentiert zu werden. Das ist auch die Wahlfreiheit, die Kristina
       Schröder vorschwebt. Mit einer Politik, die gesellschaftliche Zwänge zum
       privaten Schicksal degradiert, wird sie eine Zweiklassengesellschaft
       bilden, aus solchen, die handlungsfähig sind, und solchen, die selbst
       schuld sind, wenn sie aus dem Raster fallen.
       
       18 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sonja Vogel
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