# taz.de -- Gewalt in Syrien: Tote bei Attentaten in Damaskus
       
       > Während landesweit demonstriert wird, sind in Damaskus Bomben detoniert.
       > Die Muslimbruderschaft fordert die UN auf, Syriens Mitgliedschaft
       > auszusetzen. UN-Beobachter treffen in Daraa ein.
       
 (IMG) Bild: Das syrische Staatsfernsehen zeigte diesen Bus und einzelne Leichenteile als Beweis für den „terroristischen Akt“.
       
       BEIRUT rtr/dpa | Die Gewalt im Konflikt zwischen Regierungsgegnern und dem
       syrischen Präsidenten Baschar al-Assad macht auch vor der Hauptstadt
       Damaskus immer weniger Halt. Bei einem Selbstmordanschlag in der Nähe einer
       Moschee im Stadtzentrum wurden am Freitag nach staatlichen Angaben
       mindestens neun Menschen getötet und 20 verletzt. Die vor gut zwei Wochen
       in Kraft getreten Waffenruhe scheint damit einmal mehr nur auf dem Papier
       zu existieren.
       
       Der mutmaßliche Anschlag konnte trotz scharfer Sicherheitsvorkehrungen rund
       um die Sain-al-Abidin-Moschee verübt werden. Ein Assad-Gegner sagte, er sei
       von Sicherheitskräften daran gehindert worden, zu dem Gebäude zu gelangen,
       weil sich dort oft im Anschluss an die traditionellen Freitagsgebete
       Proteste formierten. „Dann hörten wir die Explosion. Es war sehr laut.
       Krankenwagen rasten an uns vorbei. Ich konnte ein paar Leichenteile und
       Fleischstücke auf der Straße sehen. Die Fassade eines Restaurants sah
       zerstört aus, Menschen schrien.“
       
       Ein Bewohner sagte, ein Mann sei auf Soldaten zugegangen und habe einen
       Sprengstoffgürtel zur Detonation gebracht. Staatlichen Medien zufolge
       befanden sich Sicherheitsleute unter den Opfern. Ob es Hintermänner gab,
       war nicht bekannt. Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst niemand.
       
       Die Innenstadt von Damaskus blieb seit Beginn der landesweiten Proteste
       gegen Assad vor 13 Monaten bislang weitgehend von Gewalt verschont. Der
       Anschlag vom Freitag ist jedoch nach der Explosion einer Autobombe vor
       einem iranischen Kulturzentrum der zweite binnen weniger Tage in der
       Hauptstadt. „Die Action nimmt zu und es scheint, als ob die Rebellen und
       Assads Truppen den Kampf jetzt auch in Damaskus austragen“, sagte ein
       Aktivist aus dem Bezirk Midan, in dem sich die Sain-al-Abidin-Moschee
       befindet.
       
       ## UN-Chef kritisiert Syrische Führung
       
       Insgesamt haben syrische Sicherheitskräfte nach UN-Angaben bislang mehr als
       9000 Menschen während des Aufstands getötet. Die syrische Führung hat
       erklärt, Aufständische hätten mehr als 2600 Soldaten und Polizisten
       umgebracht. Ex-UN-Chef Kofi Annan hat im Auftrag der Vereinten Nationen und
       der Arabischen Liga einen Friedensplan erarbeitet, in dessen Rahmen vor
       zwei Wochen eine Waffenruhe vereinbart wurde. Sowohl Assad-Gegner als auch
       die Regierung werfen sich jedoch gegenseitig vor, diese mehrfach gebrochen
       zu haben.
       
       So erklärte das oppositionelle Syrische Netzwerk für Menschenrechte,
       Sicherheitskräfte hätten bisher 86-mal die Waffenruhe verletzt.
       Informationsminister Adnan Mahmud warf den Rebellen gar 1300 Verstöße vor.
       Er fügte laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur Sana hinzu,
       der Staat behalte sich das Recht vor, auf jeden Verstoß und jeden Angriff
       reagieren zu dürfen.
       
       ## Muslimbrüder fordern Ausschluss Syriens aus der UN
       
       Die Muslimbruderschaft hat den Ausschluss Syriens aus den Vereinten
       Nationen gefordert, solange Präsident Baschar al-Assad an der Macht ist.
       Das Regime sei eine kriminelle Bande, die Frauen und Kinder töte, heißt es
       in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung. Die islamistischen
       Organisation ist zwar in Syrien offiziell verboten, gehört aber dennoch zu
       den wichtigsten Oppositionsgruppen.
       
       Syrien sollte solange suspendiert werden, "bis es eine Regierung gibt, die
       dem Willen des Volkes entspricht", heißt es weiter. Die Arabische Liga
       hatte die Mitgliedschaft Syriens im vergangenen November wegen der brutalen
       Unterdrückung der Protestbewegung eingefroren.
       
       Die Islamisten forderten außerdem UN-Generalsekretär Ban Ki Moon auf, die
       Friedensmission des Sondergesandten Kofi Annan offiziell für beendet zu
       erklären. Der Annan-Plan für ein Ende der Gewalt in Syrien sei gescheitert.
       Jeden Tag würden Dutzende von Menschen getötet. Die internationale
       Gemeinschaft ist aus Sicht der Muslimbrüder mit schuldig daran, da sie
       Waffenlieferungen an die Regimegegner verhindere.
       
       UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warf der syrischen Führung am Donnerstag
       vor, sich nicht an den ausgehandelten Friedensplan zu halten. Die
       anhaltende Präsenz von Soldaten und schweren Waffen in mehreren Städten
       bereite ihm tiefe Sorge. Er forderte die Regierung auf, ihre Zusagen
       umgehend umzusetzen und die Truppen abzuziehen. Frankreich hat damit
       gedroht, auf eine UN-Resolution zu dringen, die letztendlich auch den Weg
       für einen internationalen Militäreinsatz freimachen könnte. Dies dürfte
       allerdings am Veto Russlands und Chinas scheitern, die eine Eskalation
       ähnlich wie in Libyen fürchten.
       
       Überwacht werden soll die Waffenruhe von UN-Beobachtern. Deren Einsatz
       kommt jedoch nur stockend voran. Derzeit befinden sich gerade einmal 15
       Beobachter im Land, angedacht sind mindestens 300. Bis Montag sollen es 30
       sein.
       
       27 Apr 2012
       
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