# taz.de -- Streit der Woche zum Springer-Boykott: „Geringachtung von Leib und Leben“
       
       > Soll man den Springer-Konzern boykottieren? „Ja“, sagt der Schauspieler
       > Ottfried Fischer. Die Zeitung jage Leute. Gretchen Dutschke sieht das
       > anders.
       
 (IMG) Bild: In diesem Haus wird die Bild-Zeitung produziert
       
       Gretchen Dutschke, die Witwe des Studentenführers Rudi Dutschke, hat sich
       gegen einen Boykott des Springer-Verlages im Jubiläumsjahr der Bild-Zeitung
       ausgesprochen und das mit der Pressefreiheit begründet. Dennoch kritisierte
       sie den Verlag heftig.
       
       „Als die Bild-Zeitung die Schlagzeile ‚Rudi Dutschke – Staatsfeind Nr. 1‘
       herausposaunte, wollte sie ihn außer Gefecht setzen“, schreibt Dutschke im
       „Streit der Woche“ der sonntaz. Heute seien die Springer-Zeitungen jedoch
       vorsichtiger. Sie hetzten gegen Hartz-IV-Empfänger, Muslime, gegen
       ‚Sozialisten‘ und Migranten – ein Aufruf zum Mord sei das jedoch nicht:
       „Deswegen gilt Meinungsfreiheit – ein demokratisches Grundrecht.“
       
       Bild will anlässlich des 60 Geburtstags im Juni an alle Haushalte Ausgaben
       verteilen lassen. Das Kampagnen-Netzwerk Campact ruft derzeit zum Boykott
       der Aktion auf. Das will Campaignerin Susanne Jacoby aber nicht als Boykott
       des gesamten Verlages verstanden wissen.
       
       Der Schauspieler Ottfried Fischer spricht sich für einen Boykott des
       Springer-Verlags aus. „Da fehlt es vehement an Achtung der Menschenwürde“,
       schreibt er in der taz-Wochenendausgabe. Die Berichterstattung des Blattes
       sei möglich „durch einen ‚Bild‘-spezifischen Pressefreiheitspopanz, der der
       Zeitung dazu verhilft, in gottähnlicher Attitüde Leute brutal und ohne
       Barmherzigkeit, unter Geringachtung von Leib und Leben, bis hin zur
       Zerstörung der Existenz zu jagen“.
       
       Niagarafälle mit dem Kanu aufhalten
       
       Klaus Staeck, Bild-Gegner mit Tradition, erinnert an den Aufruf von 1981
       („Wir arbeiten nicht für Springer-Zeitungen.“) den er gemeinsam mit
       Heinrich Böll, Günter Grass und Peter Rühmkorf startete. Für ihn ist die
       Bild-Zeitung die „tägliche bösartige Versuchung für den, der in das Blatt
       mit den großen Schlagzeilen kommen will, wie auch für den skandalgeilen
       Leser.“ Aber Springer boykottieren? Das wäre „so ähnlich wie die
       Niagarafälle durch ein quergestelltes Kanu aufhalten zu wollen.“
       
       Wolfgang Storz, ehemaliger Chefredakteur der Frankfurter Rundschau, setzt
       auf schlichte Nichtbeachtung und bittet Journalisten und Politiker: „Tun
       Sie einfach nichts. Sehen Sie in der Bild-Zeitung kein Leitmedium, kupfern
       Sie Themen und Machart nicht ab.“
       
       Ganz anders der zeitweilige Bild-Kolumnist Peter Gauweiler: Die Frage nach
       einem Boykott sei „eine ziemliche Unverschämtheit aus dem Mund von
       Alt-68ern“. Schließlich sei Axel Springer einer der Menschen gewesen, ohne
       die der Westen bis zur sowjetischen Perestroijka nicht durchgehalten hätte.
       „Die taz, die bei einem Sieg der DDR keine Chance gehabt hätte, sollte sich
       bei Springer bedanken“, empfiehlt CSU-Mann Gauweiler.
       
       Die Meinung von Heide Simonis, frühere Ministerpräsidentin
       Schleswig-Holsteins, die gegen die Bild-Zeitung vor Gericht gezogen ist,
       die des Kiosk-Besitzers Winfried Buck und des ehemaligen BDI-Chefs
       Hans-Olaf Henkel lesen Sie in der sonntaz vom 28./29. April.
       
       28 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Burkhart
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Prozess
 (DIR) Bild-Zeitung
       
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