# taz.de -- Neue Regierungskoalition in Israel: Ein nächtlicher Überraschungscoup
       
       > Benjamin Netanjahus Likud bildet eine große Koalition mit der
       > oppositionellen Kadima-Partei. So umgeht der Regierungschef Neuwahlen im
       > September und ist politisch gestärkt.
       
 (IMG) Bild: Hat alle überrascht: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.
       
       JERUSALEM dpa | In einem völlig überraschenden Schritt hat sich Israels
       Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf eine Regierung der nationalen
       Einheit mit der oppositionellen Kadima-Partei geeinigt.
       
       Damit umgeht Netanjahu (62) die für September angekündigten Neuwahlen. Er
       vereinbarte mit dem Kadima-Vorsitzenden Schaul Mofas (63), die Wahlen nun
       wie ursprünglich vorgesehen erst im Oktober 2013 abzuhalten, wie
       israelische Medien am Dienstag berichteten.
       
       Die rechtsorientierte Likud-Partei Netanjahus und die in der politische
       Mitte angesiedelte Kadima-Partei – größte Fraktion im Parlament – stimmten
       der Abmachung am frühen Dienstagmorgen zu. In der neuen Regierung soll
       Mofas stellvertretender Ministerpräsident und Minister ohne
       Geschäftsbereich werden.
       
       Die bisherige Regierungskoalition Netanjahus kommt mit den 28 Abgeordneten
       der Kadima auf 94 Mandate in der Knesset, die 120 Mitglieder hat. Dies ist
       die größte israelische Regierung seit den Wahlen von 1988, als eine
       Koalition mit 97 Mandaten gebildet wurde.
       
       Mit dem Kadima-Abgeordneten in der Regierung muss Netanjahu jetzt weniger
       Rücksicht auf Forderungen kleinerer Koalitionsparteien nehmen. Ein
       mögliches Ausscheren von Koalitionspartnern hätte die Regierung Netanjahus
       zu Fall bringen können.
       
       So gab es heftigen Streit zwischen den Partnern über ein Gesetz, das es
       bislang tausenden strengreligiösen Juden ermöglicht hatte, den Armeedienst
       zu umgehen. Vor dem Hintergrund der innenpolitischen Spannungen waren
       Neuwahlen für den 4. September angesetzt.
       
       Der unerwartete Pakt stieß in Israel auf gemischte Reaktionen. Präsident
       Schimon Peres begrüßte die Einigung. „Eine Regierung der nationalen Einheit
       ist gut für das israelische Volk“, sagte Peres nach Angaben seines Büros
       während eines Telefongesprächs mit Netanjahu aus Kanada. „Vor dem
       Hintergrund der entscheidenden Herausforderungen, die Israel bevorstehen,
       dient eine breite nationale Einheit dem Staatswohl.“
       
       ## Vorbereitung für Militärschlag
       
       Der linksorientierte Abgeordnete Dov Chanin warnte, Mofas und Netanjahu
       wollten mit dem Pakt den Weg für einen Militärschlag gegen den Iran ebnen.
       
       Umweltminister Gilad Erdan sagte dem israelischen Rundfunk, eine breite
       politische Front in Israel sei wünschenswert, falls innerhalb des kommenden
       Jahres Entscheidungen im Atomstreit mit Iran getroffen werden müssten.
       
       Der bekannte israelische Fernsehmoderator Jair Lapid, der bei den kommenden
       Wahlen antreten will, sprach nach Medienberichten von einem „widerlichen
       Pakt“ zwischen Netanjahu und Mofas. Shelly Jachimowich, Vorsitzende der
       oppositionellen Arbeitspartei, habe Netanjahus Vorgehen als „lächerlichsten
       Zickzackkurs in der politischen Geschichte Israels“ beschrieben.
       
       8 May 2012
       
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