# taz.de -- Verlierer Linkspartei: Linke nach Lafontaines Gusto
       
       > Der Saarländer will nur dann Parteichef werden, wenn die Partei seine
       > Bedingungen erfüllt. Die Ostlandeschefs sprechen sich hingegen für
       > Dietmar Bartsch aus.
       
 (IMG) Bild: Nennt Ergebnis „beschissen“: Lafontaine verspricht, das zu ändern.
       
       BERLIN taz | Was verlangt Oskar Lafontaine, wenn er wieder Chef der
       Linkspartei wird? Über diese Frage rätselt die Partei, die sich nach den
       Wahlniederlagen in Kiel und Düsseldorf in einem Zustand nervöser
       Verspannung befindet. Sogar die Harmonie zwischen Gysi und Lafontaine, die
       seit 2005 (angesichts ihrer ausgeprägten Ego) überraschend störungsfrei
       zusammen funktionierten, ist verflogen. Bei einem Essen gab es Krach.
       Offenbar verlangt Lafontaine von den Ostpragmatikern zu viel.
       
       Gerüchten zufolge will er seine Freundin Sahra Wagenknecht neben Gysi als
       gleichberechtigte Fraktionschefin durchsetzen, wenn er Parteichef wird.
       Anderen Vermutungen zufolge erhebt Lafontaine als Parteichef Anspruch auf
       das Karl-Liebknecht-Haus, die Parteizentrale, die als Bastion der Ostler
       gilt. Lafontaines Vertrauter Ulrich Maurer aus Baden-Württemberg soll
       Bundesgeschäftsführer werden, der Saarländer Heinz Bierbaum Schatzmeister,
       heißt es.
       
       Doch Genaues weiß man nicht. Auch welche Ostfrau an Lafontaines Seite die
       Partei führen könnte, ist offen. „Wir sollen eine kooperative Führung unter
       Lafontaine akzeptieren“, so ein Realo aus dem Parteivorstand. „Das ist
       paradox – entweder kooperativ oder unter Lafontaine.“
       
       Sicher ist, dass Lafontaine beim Treffen mit Bundesvorstand und Landeschefs
       am heutigen Dienstagmittag Nägel mit Köpfen machen will. „Ich werde mir
       zuerst anhören, was die anderen sagen“, sagte Lafontaine. „Es kann ja auch
       sein, dass niemand jetzt nach dieser Wahl diese Lösung für richtig hält,
       sondern andere Lösungen befürwortet werden.“
       
       Übersetzt heißt das: Entweder die Ostpragmatiker akzeptieren seine
       Bedingungen – oder er verzichtet eben auf den Parteivorsitz. Parteichef
       Klaus Ernst hat schon angekündigt, selbstverständlich zugunsten seines
       Mentors Lafontaine auf den Vorsitz zu verzichten. In der Sitzung des
       Parteivorstands wiederholte Ernst seine bekannte Analyse. Es habe zu viel
       Personaldebatten gegeben und Schüsse aufs eigene Tor. „Wenn ein Team nur
       verliert, sollte man den Trainer rauswerfen“, frotzelte dazu ein Ostler.
       
       ## „Keine Debatten, Kurs halten”
       
       Die Ostlandeschefs wollen, bis auf den Lafontaine-Fan Knut Korschewsky aus
       Thüringen, Dietmar Bartsch als Parteichef. Wulf Gallert aus Sachsen-Anhalt
       kritisierte: „Von Lafontaine und Ernst höre ich immer nur: keine Debatten,
       Kurs halten. Das Ergebnis ist, was wir in Schleswig-Holstein und NRW erlebt
       haben.“ Aus dem Reformerlager wird kritisiert, dass Lafontaine zuerst lange
       geschwiegen habe, ob er wieder antritt, nun aber harte Bedingungen stellt.
       Manche Ostler deuten das als Erpressung.
       
       Allerdings ist der Ton anders als sonst. Die Kritik an Lafontaine klingt
       nicht nur gereizt, sondern auch besorgt. Eine Kampfabstimmung auf dem
       Parteitag in Göttingen in drei Wochen zwischen dem Ostrealo Dietmar Bartsch
       und Lafontaine könnte die Partei entlang der Ost-West-Front zerreißen.
       Kompromisse, die mal im Gespräch waren – Lafontaine wird Parteichef,
       Bartsch bekommt als Bundesgeschäftsführer die Hoheit über das
       Karl-Liebknecht-Haus und den Apparat – scheinen vom Tisch zu sein. Eine
       Spaltung in eine sektenhafte Westpartei und eine Regionalpartei im Osten
       aber wäre das Ende des Projekts Linkspartei.
       
       Das Forum demokratischer Sozialismus, der Zusammenschluss der Ostrealos,
       schrieb am Montag einen demonstrativ freundlichen Brief an die Genossen in
       NRW. „Die Niederlage in NRW ist bitter für uns alle.“ Das ist in einer
       Partei, in der zwischen den Flügeln oft Häme regiert, nicht
       selbstverständlich. Es zeigt, dass es derzeit für nötig erachtet wird,
       Zeichen gegen die Spaltungsgefahr zu setzen.
       
       ## „Im Hinterzimmer ausgekungelt“
       
       Der Pragmatiker Jan Korte kritisierte wie viele andere das Verfahren. Einen
       Mitgliederentscheid, so der Bundestagsabgeordnete, habe die Parteiführung
       mit Tricks verhindert. „Jetzt wird das wieder im Hinterzimmer
       ausgekungelt.“ Ein Verfahren, dass schon 2010 mit der Installierung von
       Ernst und Lötzsch zu zweifelhaften Ergebnissen geführt hatte. „Wir brauchen
       jemand an der Spitze, der etwas Neues repräsentiert“, sagte Korte.
       
       Neu war gestern, wie Katharina Schwabedissen, Parteichefin aus NRW, das
       Wahldebakel kommentierte. Gern machen Linksparteipolitiker Medien haftbar,
       wenn etwas schiefläuft. Schwabedissen dagegen bedankte sich bei den Medien
       „für die faire Berichterstattung“. Neue Töne.
       
       14 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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