# taz.de -- Neue Regierung in Frankreich: Viele Frauen, viel Macht für Männer
       
       > Die neue französische Regierung steht: Viele Frauen werden Ministerinnen,
       > doch alle Schlüsselressorts gehen an Männer. Auch Grüne sind beteiligt.
       
 (IMG) Bild: Francois Fillon und Ehefrau Penelope (r.) und Jean-Marc Ayrault mit Lebenspartnerin Brigitte.
       
       PARIS taz | Der neue französische Premierminister Jean-Marc Ayrault (62)
       hat am Mittwochvormittag sein Amt angetreten. Sein Vorgänger, François
       Fillon, schaute um Punkt zehn Uhr bereits ungeduldig auf seine Uhr, wie
       wenn er es eilig gehabt hätte, die Schlüssel und sein Amt loszuwerden.
       
       Immerhin ist er einer der sehr wenigen Regierungschefs der Fünften
       Republik, die sich eine ganze Amtszeit auf ihrem Posten halten konnten. Als
       der neue sozialistische Regierungschef mit seiner Gattin mit fünf Minuten
       Verspätung vor dem Matignon-Palast vorfuhr, tat das der demonstrativen
       Herzlichkeit der Begrüßung keinen Abbruch. Viel Applaus bekam der
       wegfahrende Expremier wenig später vom im Hof versammelten Personal des
       Regierungssitzes.
       
       Auf den ersten Blick wirkte die formelle Amtsübergabe wie ein Remake der
       allerdings viel pompöseren Zeremonie im Elysée am Dienstag. Nicht nur der
       rote Teppich, sondern auch das Zeremoniell war war wesentlich kürzer und
       bescheidener.
       
       Die fast freundschaftliche Stimmung bei der Ablösung kontrastierte mit der
       betont kühlen Verabschiedung von Ex-Präsident Sarkozy durch seinen
       Nachfolger François Hollande. Der scheidende Regierungschef hat zudem die
       Genugtuung, dass er bis zum Schluss stets populärer war als Präsident
       Sarkozy. Im Unterschied zu diesem spielt er nicht mit dem Gedanken, die
       Politik an den Nagel zu hängen.
       
       ## Handlungsspielraum für Ayrault
       
       Ayrault hat von Hollande in dessen Antrittsrede mehr Handlungsspielraum
       zugestanden bekommen, als Fillon je erhoffen durfte. Der neue Präsident hat
       nämlich versichert, er wolle – anders als sein Vorgänger – „nicht über
       alles, für alle und überall entscheiden“. Vom mit Vorschusslorbeeren
       überschütteteten Premierminister heißt es, er könne sehr autoritär werden,
       wenn er seine Beschlüsse durchsetzen wolle.
       
       Das war wohl am Mittwoch nötig, um bei der Regierungsbildung unter allzu
       vielen Bewerbern die enegere Wahl zu treffen. Das „Casting“ dauerte
       schließlich sehr viel länger als erwartet. Mehrfach nahm Ayrault mit
       Präsident Hollande Kontakt auf, der den Schiedsrichter spielen musste.
       
       Was sofort in die Augen fällt, ist die Abwesenheit der Parteichefin Martine
       Aubry. Sie war bei der Nominierung des Premierministers leer ausgegangen,
       und ein „Trostpreis“ genügte ihr angeblich nicht. Sie ist nicht die Einzige
       im Parti Socialiste, die nun nach der Vergabe der Posten frustriert oder
       beleidigt sind.
       
       UMP-Parteichef Copé frohlockte schadenfreudig, der „Streit der Häuptlinge“
       im PS werde nicht lange auf sich warten lassen. Hollande hat hingegen das
       Versprechen der Geschlechterparität gehalten, die Regierung ist paritätisch
       aus 17 Frauen und 17 Männern zusammengesetzt.
       
       ## Männer auf Schlüsselposten
       
       Auf Schlüsselposten wird der Erfahrung Vorrang eingeräumt. Der ehemalige
       Regierungschef und mehrfache Minister Laurent Fabius wird als Außenminister
       Nummer zwei der Regierung. Wirtschafts- und Finanzminister ist der
       ehemalige Europaminister und Ökonomie-Dozent Pierre Moscovici, er war in
       der Verwaltungshochschule ENA Schüler von Dominique Strauss-Kahn.
       
       Der Rüstungsspezialist Jean-Yves Le Drian galt seit langem als Anwärter für
       das Verteidigungsministerium, er hatte seine Aufgabe bereits inoffiziell
       zur Vorbereitung des Nato-Gipfels in Chicago in Angriff genommen. Manuel
       Valls heißt der neue Innenminister. Er ist Bürgermeister des Pariser
       Vororts Evry, plädiert für eine autoritäre Sicherheitspolitik und gilt als
       Vertreter des rechten Parteiflügels. Über seine aus dem Tessin stammende
       Mutter hat er auch schweizerische Wurzeln. Erziehungsminister wurde Vincent
       Peillon.
       
       Überraschen kann die Nominierung von Justizministerin Christiane Taubira.
       Die aus Französisch-Guyana stammende Frau ist als starke Persönlichkeit
       bekannt, die für die Respektierung der Minderheiten und für eine strikte
       Unabhängigkeit der Justiz von der Exekutive sorgen dürfte.
       
       Zu den relativen „Verlierern“ gehören namentlich der neue Arbeitsminister
       Michel Sapin, der aufgrund seiner Erfahrung als Favorit für das
       Wirtschaftsministerium Bercy gegolten hatte. Auch der rührige
       Linkssozialist Arnaud Montebourg, der eher die Justiz im Auge hatte, muss
       sich mit einem Ministerium für den Wiederaufbau der Industrie begnügen.
       
       Das Portefeuille der Kultur und Kommunikation erbt Aurélie Filippetti, die
       wie die Regierungssprecherin und Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem
       mit Valls und Moscovici zum engen Kampagnenteam von Hollande und zum
       geförderten Nachwuchs gehörte. Auch zwei Mitglieder der Grünen sind dabei,
       aber nicht als Umweltminister. Die bisherige grüne Parteichefin Cécile
       Duflot wird Wohnungsministerin, ihr Kollege Pascal Canfin ist
       verantwortlich für die Entwicklungszusammenarbeit. Kommunisten und
       Linkspartei sind nicht an der Regierung beteiligt.
       
       17 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Christiane Taubira
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
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