# taz.de -- Kommentar Linkspartei: Kompromiss oder Untergang
       
       > Die Linkspartei ist eine Organisation ohne Mitte, sie scheint nur aus
       > Flügeln zu bestehen. Schuld an der Eskalation ist vor allem Oskar
       > Lafontaine.
       
       Der Machtkampf zwischen Ost- und Westlinken hat etwas
       Selbstzerstörerisches. Gewinnt eine Seite, verliert sie auch. Wenn
       Lafontaine siegt, werden im Osten manche Genossen resignieren oder zur SPD
       abwandern. Es ist möglich, dass ein Parteichef Dietmar Bartsch im Westten
       Fliehkräfte freisetzt. Was droht, ist eine Spaltung in Zeitlupe.
       
       Schuld an der Eskalation ist vor allem Oskar Lafontaine. Es ist schlechter
       Stil, die Partei monatelang in einen nervösen Wartemodus zu versetzten,
       zwei Wahlniederlagen abzuwarten und dann die Macht übernehmen zu wollen.
       Denn genau dies verlangt Lafontaine: Bartsch als Fraktionsvize
       kaltgestellt, dafür eine Führung im Karl-Liebknecht-Haus, die ihm genehm
       ist. Und all das ohne Abstimmung auf dem Parteitag. Norbert Röttgen ist an
       einer ähnlichen Selbstüberhebung gescheitert.
       
       Die Linkspartei ist eine Organisation ohne Mitte, die die Erschütterungen
       abfedern könnte. Sie scheint nur aus Flügeln zu bestehen. Im Zentrum
       befindet sich nur noch Gregor Gysi, dessen Kurs – Lafontaine nachgeben, die
       Reformer bei der Stange halten – gescheitert ist. Die Bundestagsfraktion,
       die ein Laboratorium der Annäherung hätte werden müssen, ist das Gegenteil
       geworden.
       
       Es geht nicht nur mit Bartsch, es geht nicht nur mit Lafontaine, es geht
       nicht mit Bartsch und Lafontaine. Zu viel Ich, zu wenig Wir. Es ist kurios,
       dass eine Partei, die für sich Solidaritität und das Gesamtdeutsche
       reklamiert, an einem innerdeutschen Stellungskrieg mit egomanen Darstellern
       zerbricht.
       
       Sollen also andere, Jüngere die Parteiführung übernehmen? Das klingt
       angesichts dieser Blockade gut, aber Vorsicht. Das Scheitern des Duos
       Ernst-Lötzsch zeigt, wie lächerlich eine Führung ohne Autorität ist. Gegen
       die informelle Macht von Lafontaine im Westen kann niemand die Partei
       führen. Kompromiss oder Untergang der Linkspartei als gesamtdeutsche Partei
       – das ist die Alternative.
       
       17 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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