# taz.de -- Kommentar Energiegipfel: Sim City für Deutschland
       
       > In Deutschland wird föderal rumgewurstelt. Was macht es für einen Sinn,
       > wenn Bundesländer ihren Strombedarf komplett selbst decken wollen? Der
       > Energiegipfel bringt wenig Abhilfe.
       
       Deutschland braucht in der Energiepolitik mehr Sim City, ein klein wenig
       jedenfalls. Das Computerspiel simulierte den Aufbau einer Stadt. Bisweilen
       gab es dort Stromausfälle. Dann blinkte in Wohnsiedlungen oder auf Fabriken
       ein kleiner Blitz als Symbol der Energieknappheit, weil zu wenig Kraftwerke
       da waren. Man bulldozerte also ein Feld mit Wald weg oder riss eine
       Siedlung nieder, klickte ein Kraftwerk hin und fertig. Wirklich nur ein
       klein wenig mehr Sim City, wie gesagt – es mangelte an
       Pixelbürgerbeteiligung.
       
       Momentan aber wurstelt man in Deutschland nur vor sich hin. Länderminister
       stellen Energiepläne für ihre eigenen Gemarkungen auf, planen unkoordiniert
       Windräder oder Gaskraftwerke. Was macht es für einen Sinn, dass Bayern oder
       Baden-Württemberg ihren Strombedarf komplett selbst decken wollen?
       
       Vielleicht ist es volkswirtschaftlich billiger, die Hälfte aus Thüringen
       oder den Nachbarstaaten zu importieren – Österreich oder die Schweiz
       verfügen über viel Wasserkraft. Darüber wird in den Landesregierungen
       überhaupt nicht nachgedacht. Stattdessen herrscht selbst verschuldetes
       Chaos. Und Horst Seehofer gibt der Bundesregierung die Schuld daran, statt
       den föderalen Sauhaufen zu koordinieren.
       
       Der Bund tut gut daran, sich mehr Kompetenzen zuzuschaufeln, wie beim
       Netzausbau bereits geschehen. Dass sich Bund und Länder jetzt alle sechs
       Monate zu einem Koordinierungsgespräch in Sachen Energiewende treffen,
       macht dagegen so viel Sinn, wie in einem Fußballspiel alle 15 Minuten mal
       nach den Mitspielern zu schauen.
       
       Doch viel mehr war von dem Bund-Länder-Treffen nicht zu erwarten: Der neue
       Umweltminister Peter Altmaier ist zu kurz im Amt für substanziellere
       Vereinbarungen. Falls eine bessere Koordination der Energiewende geplant
       ist, wird er sie in einige Woche als seinen ersten großen Erfolg verkaufen.
       Die Energiewende hätte diese Prise Sim Deutschland auf jeden Fall nötig.
       
       23 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
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