# taz.de -- Interview zum Flughafen Schönefeld: "Keine Drehkreuzfantasien"
       
       > Heute startet die zweite Stufe des Volksbegehrens für ein Nachtflugverbot
       > am Großflughafen. Christine Dorn vom Bündnis Südost gegen Fluglärm ist
       > optimistisch.
       
 (IMG) Bild: Jetzt wird's aber höchste Zeit zum Landen: Nachtflug.
       
       taz: Frau Dorn, ab Dienstag werden Unterschriften gesammelt, um ein
       erweitertes Nachtflugverbot am BER durchzusetzen. Worin genau besteht die
       Forderung des Volksbegehrens? 
       
       Christine Dorn: Am BER soll kein regelmäßiger Nachtflugbetrieb zwischen 22
       und 6 Uhr stattfinden – dazu ist das gemeinsame Landesentwicklungsprogramm
       von Berlin und Brandenburg zu ändern. Außerdem sollen der nationale und
       internationale Luftverkehrsanschluss für Berlin und Brandenburg nicht
       allein auf den Ballungsraum Berlin konzentriert werden.
       
       Der letzte ICE nach Hamburg fährt um 23 Uhr. Nach ihren Plänen soll nach 22
       Uhr kein Flieger mehr abheben. Ist das nicht etwas provinziell? 
       
       Wenn es wirklich nur um den zwingend notwendigen Luftverkehr ginge, könnten
       wir ja drüber reden. Aber es geht hier um die dritten und vierten Umläufe,
       damit jemand für 19 Euro irgendwohin fliegen kann. Und wenn die
       Rücksichtslosigkeit der einen Leute zu Gesundheitsschäden der anderen
       führt, ist das nicht hinnehmbar.
       
       Die Fluggesellschaften argumentieren, ein ausgeweitetes Nachtflugverbot sei
       für sie geschäftsschädigend. 
       
       Dass vor allem Airlines im Billigflugsegment das so sehen, nehme ich ihnen
       gar nicht übel. Aber die Frage ist, ob das, was die Billigflieger machen,
       nachhaltig ist. Das bezweifle ich sehr stark, insbesondere wenn man
       bedenkt, dass der Luftverkehr stark subventioniert wird – mit über 10
       Milliarden Euro im Jahr durch Verzicht auf die Kerosinsteuer.
       
       Wenn Sie 174.000 Unterschriften zusammenkriegen, kommt das ausgeweitete
       Nachtflugverbot dann automatisch? 
       
       Dann müssen sich das Abgeordnetenhaus und der Senat wieder damit befassen.
       Der Senat kann dem Wunsch der Bevölkerung nachkommen und in Verhandlungen
       mit dem Land Brandenburg über Änderungen der Landesentwicklungspläne
       treten. Wenn die Politik die Nachbesserungen weiterhin nicht einsieht,
       kommt automatisch der Volksentscheid.
       
       Die Innenverwaltung hat im November erklärt, ihr Einfluss sei begrenzt. Für
       die Nachtflugregelung sei nämlich der Bund zuständig. 
       
       Es ist richtig, dass Luftverkehrsrecht Bundesrecht ist. Aber sowohl das
       Land Berlin als auch Brandenburg sind Anteilseigner. Gemeinsam haben sie
       die Mehrheit an dem Flughafen. Damit haben sie einen ordentlichen
       Spielraum, den sie aber momentan nicht im Interesse der Bürger nutzen.
       Genau dies sollten sie aber tun.
       
       Inwieweit richtet sich das Volksbegehren auch gegen BER als neues
       Drehkreuz? 
       
       Wir wollen, dass die Frage sachkundig untersucht wird: Wie viel Flughafen
       verträgt diese Region? Das Raumordnungsverfahren hat ergeben, dass der
       Standort Schönefeld für ein derartiges Großprojekt denkbar ungünstig ist.
       Die Politik hat sich aber darüber hinweggesetzt. Es kann nicht sein, dass
       falsche politische Weichenstellungen nun für immer und ewig zum Nachteil
       der Bürger sein sollen – als seien sie gottgegeben. Eine offene Diskussion,
       sofern man sie denn zuließe, würde wohl ergeben, dass sich in Berlin keine
       Drehkreuzfantasien verwirklichen lassen.
       
       Ändert das Platzen des Eröffnungstermins eigentlich etwas an der Stimmung
       in der Bevölkerung? 
       
       Im ersten Moment haben wir gedacht, dass die Verschiebung sehr schlecht
       ist. Für viele bleiben die Belastungen weiterhin rein theoretisch. Auf der
       anderen Seite bekommt die Sache jetzt Brisanz, weil man das bestehende
       Nachtflugverbot in Tegel aufweichen will. Ich glaube, dass wir durch diese
       Diskussion verstärkt die Nordberliner ins Boot kriegen können. Wir
       solidarisieren uns mit ihnen und sagen, dass es so eine Lockerung nicht
       geben darf.
       
       Sehen Sie bei den Berliner Politikern mehr Unterstützung für Ihr Anliegen?
       Kürzlich hat das Bundesverwaltungsgericht das Nachtflugverbot in Frankfurt
       bestätigt. 
       
       Das Nachtflugurteil zu Frankfurt ist natürlich ein Schritt in die richtige
       Richtung. Gut ist auch, dass sich das Umweltbundesamt jetzt deutlicher
       geäußert hat und gesagt hat: Schallschutz hin oder her, an so stadtnahen
       Flughäfen wie Frankfurt oder Berlin muss das Problem eigentlich durch
       aktiven Schallschutz gelöst werden. Die Belastungen am Tag sind so groß,
       dass man nachts von 22 bis 6 Uhr ein Flugverbot verhängen sollte. Ich
       glaube aber, noch nicht alle Berliner Abgeordnete haben begriffen, wie hoch
       der Rückstand bei den Schallschutzmaßnahmen ist.
       
       28 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kulms
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
       
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