# taz.de -- Krach um den Flughafen Tegel: Klaus, schau auf diese Partys!
       
       > Nach dem Schönefeld-Debakel sind vor allem die Anlieger von Tegel sauer.
       > Eigentlich wollten sie an diesem Wochenende das Ende des City-Flughafens
       > feiern. Viele werden das trotzdem tun: weil sie wollen oder müssen
       
 (IMG) Bild: Von oben kann man am Wochenende sicher jede Menge Partys in Tegel entdecken.
       
       Ein Frühstück als Protest 
       
       Renate Laurentius, Besitzerin des Cafés Canapé in Pankow: 
       
       „Eigentlich hatten wir für Sonntag im Café Canapé ein ’flugzeugfreies
       Frühstück‘ geplant. Das kann es nun leider nicht werden. Aber die
       Veranstaltung findet trotzdem statt. Wir haben sie umgetauft in
       ’Protestfrühstück‘.
       
       Denn nach dem ganzen Flughafenchaos soll ja über Tegel noch mehr und länger
       geflogen werden als vorher. Dagegen wollen wir protestieren. Wir werden
       eine Tapetenrolle auslegen, damit unsere Gäste ihre Meinung aufschreiben
       können. Einige Kinder haben uns schon Bilder gemalt. Darauf sind Bienen,
       Blumen und Bäume zu sehen und der Spruch ’Wir wollen weniger Flugzeuge‘ in
       Kinderschrift. All das werden wir an den Regierenden Bürgermeister Klaus
       Wowereit weiterleiten.“
       
       ■ Protestfrühstück am 3. Juni von 10 bis 14 Uhr im Café Canapé,
       Wolfshagener Straße 87 
       
       Das „Goodbye“ wird einfach durchgestrichen 
       
       Frank Berkholz, DJ und Partyveranstalter: 
       
       „Als die Nachricht über die verschobene Eröffnung des neuen Flughafens kam,
       war die Werbung für unsere Party im ’Hangar‘ schon gedruckt. Das Motto
       ’Goodbye TXL‘ ist auf 5.000 Flugblättern und 300 Plakaten zu lesen.
       Stundenlang haben meine Mitarbeiter und ich das Wort ’Goodbye‘ mit einem
       dicken Filzstift durchgestrichen – schließlich können wir Tegel nun noch
       nicht Auf Wiedersehen sagen. Gefeiert wird trotzdem.
       
       Nur leider scheinen die Leute das nicht zu verstehen. Der Vorverkauf der
       Karten läuft schleppender als sonst. Dafür sind die Herren von der
       Flughafenplanung verantwortlich. Ich hoffe, dass genug Gäste auftauchen,
       damit die Party sich rechnet.
       
       Wer kommt, wird als besonderes Highlight ein Höhenfeuerwerk sehen.
       Eigentlich wollten wir es als Abschiedsgruß nach dem allerletzten Flieger
       zünden. Es war ein riesiger Aufwand, vom Tower in Tegel die Genehmigung
       dafür zu bekommen. Nun schießen wir die Raketen eben ohne Anlass in den
       Himmel. Der Flughafen bleibt Motto der Party. Als DJ werde ich passende
       Hits spielen: ’Flieger, grüß mir die Sonne‘, ’Flugzeuge im Bauch‘ und ’Über
       den Wolken‘.“
       
       ■ „Goodbye TXL – Die Party.“ Karten für 18 Euro an der Abendkasse ab 20
       Uhr. „Zum Hangar“, Kurt-Schumacher-Damm 42–44, Reinickendorf 
       
       Freudenschreie werden vom Fluglärm überdeckt 
       
       Gaby Coldewey, Anwohnerin in der Pankower Parkstraße: 
       
       „Ich wohne am Bürgerpark unter der Einflugschneise von Tegel. Seit 15
       Jahren lebe ich im gleichen Haus mit einer tollen
       Nachbarschaftsgemeinschaft und einem schönen Garten.
       
       Anfang Juni veranstalten wir dort ein Tischtennisturnier trotz
       Flughafentheater. Ist natürlich trotzdem saublöd. Vor allem, weil wir auch
       die diesjährige Fußball-EM, die wir immer per Beamer an eine Großleinwand
       im Garten projezieren, nicht ungestört sehen können: Jedes Mal, wenn ein
       Flugzeug kommt, wird die Übertragung unterbrochen. Ausgerechnet in den
       entscheidenden Sekunden sind dann Ton und Bild weg – wir haben deswegen
       schon etliche Tore versäumt!
       
       Was mich besonders ärgert: Unsere Miete ist schon gestiegen, weil durch die
       Schließung des Flughafens eigentlich der Wert der Wohnung steigen sollte.
       Jetzt zahlen wir mehr und müssen trotzdem mindestens bis März weiter den
       Lärm ertragen.“
       
       ■ Die Nachbarschaftspartys sind nicht öffentlich 
       
       Das Freudenfest wurde abgesagt – auf unbestimmte Zeit 
       
       Cornelia Koch, Anwohnerin 
       
       „Am Majakowskiring in Pankow hatten wir für das erste Juniwochenende ein
       großes Nachbarschaftsfest geplant. Das lassen wir jetzt ausfallen. Wir
       waren kurz davor, 200 Liter Bier zu ordern, hatten den Ablauf
       generalstabsmäßig geplant und waren voller Vorfreude – auf unser Fest und
       die Stille danach. Leider hat sich ja nun sowohl das eine als auch das
       andere fürs Erste erledigt. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Wir
       sind fest entschlossen zu feiern, komme dieser ’Fluch‘-hafen, wann er
       wolle.
       
       Tatsächlich sind wir alle ziemlich sauer auf Flughafengesellschaft,
       Aufsichtsrat und Politiker, die uns bis zuletzt im Glauben gelassen haben,
       dass dieses Frühjahr das letzte laute für uns sein würde. Alle hatten schon
       die Balkons extra schön begrünt, um die lauschigen Sommerabende zu genießen
       … Aber jetzt donnern die Flieger weiterhin nur wenige hundert Meter über
       unsere Köpfe hinweg.
       
       Ein Gutes aber hat die ganze Sache: Die Vorbereitungen zum Fest haben dazu
       geführt, dass sich endlich mal all die Nachbarn kennen gelernt haben, die
       zum Teil seit Jahren nebeneinander wohnen, ohne sich je wirklich
       wahrgenommen zu haben.“
       
       ■ Das Freudenfest am Majakowskiring ist verschoben und wird nicht
       öffentlich sein. 
       
       Hier wird nicht zurückgerudert 
       
       Michael Schneider, Vorsitzender des Berliner Ruderclubs Phönix: 
       
       „Das Bootshaus unseres Ruderclubs liegt am Kanal in Spandau. Auf dem
       Grundstück haben wir eine Terrasse, auf der wir gerne grillen. Wie auf
       einer Perlenschnur aufgereiht ziehen die Maschinen im Landeanflug auf Tegel
       über uns hinweg. Und wir kriegen nicht nur das Dröhnen der Motoren ab:
       Durch die Luftwirbel, die die Flugzeuge so tief über der Stadt verursachen,
       wehen uns manchmal sogar die Biergläser vom Tisch.
       
       Das könnte am Samstag wieder passieren. Denn ursprünglich wollten wir am
       Clubhaus die Schließung des Flughafens feiern, mit Bühne und Livemusik. Die
       Band, die wir engagiert hatten, sind wir nicht mehr losgeworden. Also haben
       wir befreundete Rudervereine eingeladen, trotz Fluglärm mit uns zu feiern.
       Wir begehen eine Bootstaufe und den Geburtstag eines Clubkameraden – und
       harren der Dinge. In der Hoffnung, dass es eines Tages doch noch ruhiger
       wird.“
       
       ■ Phönix-Feier zur Schließung des Flughafens Tegel am 2. Juni ab 18 Uhr,
       nur für geladene Gäste 
       
       ALLE PROTOKOLLE: KATHRIN BREER
       
       1 Jun 2012
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
       
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