# taz.de -- Wolfgang Neskovic über Linke-Vorstand: „Ich bin für Kipping und Wagenknecht“
       
       > Obwohl sie nicht will, plädiert Linke-Politiker Wolfgang Neskovic für
       > Sahra Wagenknecht als Parteichefin. Gemeinsam mit Kipping würde sie eine
       > überzeugende Spitze bilden.
       
 (IMG) Bild: Neskovic' Dreamteam: Sahra Wagenknecht und Katja Kipping.
       
       taz: Herr Neskovic, warum geht es der Linkspartei so mies? 
       
       Wolfgang Neskovic: Das hat viele Gründe. Wir sind ein Kessel Buntes aus Ost
       und West mit sehr verschiedenen Biografien. Es ist nicht gelungen, diese zu
       einer schlagkräftigen Einheit zusammenzuführen.
       
       Und wer ist schuld daran? 
       
       Schuld und Unschuld sind die falschen Kategorien. Wichtig ist, jetzt
       Personen zu finden, die in der Lage sind, die unterschiedlichen Gruppen
       zusammenzuführen. Das ist Gysi und Lafontaine nach 2005 gelungen. Schwierig
       ist die Situation nach dem krankheitsbedingten Rückzug von Lafontaine
       geworden. Seitdem sind die Machtkämpfe eskaliert.
       
       Fällt die Partei auseinander? 
       
       Ich glaube nicht, dass sie sich formal spalten wird. Aber mit Dietmar
       Bartsch als Vorsitzendem wird die Lage im Westen wirklich ernst. Ich
       fürchte, dass die Partei sich mit Bartsch zu einer ostdeutschen
       Regionalpartei zurückbildet – mit absehbarem Verfallsdatum.
       
       Fast zwei Drittel der Parteimitglieder sind aus dem Osten. Und die Mehrheit
       der ostdeutschen Delegierten unterstützt Bartsch. Die können Sie nicht
       ignorieren. 
       
       Die Linke hat nur eine Chance, wenn sie sich von dem strömungsorientierten
       Proporzdenken löst. Sie hat nur eine Chance, wenn sie eine
       gesellschaftliche Alternative zu dem neoliberalen Konzept vertritt. Das
       versucht zum Beispiel das „Institut Solidarische Moderne“, in dem Linke,
       Grüne und Sozialdemokraten an einem solchen Gesellschaftsentwurf arbeiten.
       Es geht darum, diese Ideen voranzutreiben – ob Mann oder Frau, West oder
       Ost, sollte zweirangig sein.
       
       Wer soll die Linkspartei führen? 
       
       Ich plädiere für Katja Kipping und Sahra Wagenknecht. Kipping kennt als
       stellvertretende Vorsitzende das Innenleben der Partei. Sie ist taktisch
       geschickt und beharrlich. Sie vertritt mit Herzblut ihre Inhalte – das
       bedingungslose Grundeinkommen und die Sanktionsfreiheit bei Hartz IV. Und
       sie arbeitet nicht nur im Parlament, sondern richtet sich auch an die
       gesellschaftliche und kulturelle Linke außerhalb des Parlaments. Und
       Wagenknecht kann mit ihrer Überzeugungskraft nach außen für unsere
       Positionen werben.
       
       Aber polarisiert Wagenknecht nach innen nicht genau so, wie Sie es bei
       Bartsch vermuten? 
       
       Das entspricht nicht meiner Erfahrung. Wenn Wagenknecht im Osten auftritt,
       erfährt sie immer Zuspruch. Von Polarisierung kann keine Rede sein.
       
       Nun will Wagenknecht aber nicht kandidieren – ob Parteivorsitzende ihrem
       Talent entspräche, mal ganz beiseitegelassen. 
       
       Sie will bisher nicht. Wenn sie antritt, wäre ihr auf dem Parteitag eine
       Mehrtheit wohl sicher. Sie und Kipping wären der einzige Weg, um zu
       verhindern, dass es mit der Partei weiter abwärts geht.
       
       31 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Die Linke
       
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