# taz.de -- Krise in Ägypten: Militärrat droht mit eigener Verfassung
       
       > Vor der Stichwahl um das Präsidentenamt spitzt sich die Krise in Ägypten
       > weiter zu. Kompromissbereit sind weder Politiker noch Demonstranten. Die
       > Generäle verlieren die Geduld.
       
 (IMG) Bild: Protest auf dem Tahrir-Platz: Die Angst geht um, dass Handlanger der alten Führungselite an die Macht kommen.
       
       KAIRO dpa | Der Oberste Militärrat in Ägypten will die Präsidentschaftswahl
       und die Verabschiedung einer neuen Verfassung unbedingt pünktlich
       durchziehen. Die staatlichen Medien meldeten am Mittwoch, Feldmarschall
       Mohammed Hussein Tantawi habe bei einem Treffen mit Parlamentsabgeordneten
       am Dienstagabend gedroht, der Militärrat werde eine eigene "umfassende
       Verfassungserklärung" in Kraft setzen, wenn nicht binnen 48 Stunden eine
       Formel für die Zusammensetzung der Verfassungsgebenden Versammlung gefunden
       wird.
       
       Der Militärrat hatte zuvor mehrfach erklärt, die Grundsätze der Verfassung
       müssten vor der Wahl eines Nachfolgers für den im Februar 2011 entmachteten
       Ex-Präsidenten Husni Mubarak feststehen.
       
       Nachdem im ersten Wahlgang kein Kandidat die absolute Mehrheit erreicht
       hatte, steht am 16. und 17. Juni eine Stichwahl zwischen dem Ex-Minister
       Ahmed Schafik und dem Muslimbruder Mohammed Mursi an.
       
       Am 30. Juni will der Militärrat, der nach dem Rücktritt Mubaraks die Macht
       übernommen hatte, die Macht an einen gewählten Präsidenten übergeben.
       Solange es keine neue Verfassung gibt, ist jedoch unklar, welche
       Vollmachten der künftige Staatschef haben wird.
       
       Die Partei der Muslimbrüder, die im Parlament die größte Fraktion stellt,
       blieb dem Treffen mit dem Militärrat nach Angaben des Nachrichtenportals
       "Al-Ahram Online" fern.
       
       Die Gründung einer Verfassungsgebenden Versammlung hatte sich verzögert,
       weil viele Parteien und Interessenverbände ihren Boykott dieses Gremiums
       erklärt hatten, weil sich die Muslimbrüder und die radikal-islamischen
       Salafisten darin eine dominierende Rolle gesichert hatten.
       
       ## Protest auf dem Tahrir-Platz
       
       Auf dem Tahrir-Platz in Kairo und in mehreren anderen ägyptischen Städten
       hatten in der Nacht zum Mittwoch Tausende von Menschen demonstriert. Ihr
       Protest richtete sich gegen den Militärrat und gegen den Kandidaten Ahmed
       Schafik, der ihrer Ansicht nach Teil des alten Unrechtsregimes ist.
       
       Außerdem forderten sie, Mubarak und andere Ex-Funktionäre sollten von
       "Revolutionsgerichten" verurteilt werden. Ein Strafgericht hatte Mubarak
       und Ex-Innenminister Habib al-Adli am vergangenen Samstag wegen ihrer
       Mitschuld am Tod von mehr als 800 Demonstranten zu lebenslanger Haft
       verurteilt. In dem gleichen Verfahren waren Mubaraks Söhne Gamal und Alaa
       sowie sechs Funktionäre des Sicherheitsapparats freigesprochen worden.
       
       Während der Protestaktion kam es vereinzelt zu Handgreiflichkeiten zwischen
       Muslimbrüdern, die Wahlwerbung für Mursi machten, und sogenannten
       "Revolutionären", die einen Abbruch der Wahl und eine Machtübergabe der
       Militärs an einen "zivilen Präsidentenrat" forderten.
       
       6 Jun 2012
       
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