# taz.de -- Vor der Stichwahl in Ägypten: Muslimbruder macht auf Demokrat
       
       > Vor der Stichwahl um die Präsidentschaft bemühen sich die Kandidaten in
       > allen Lagern um Anhänger. Die Muslimbruderschaft wirbt selbst bei den
       > Kopten.
       
 (IMG) Bild: Ahmed Schafik, Ex-Mubarakianer, will plötzlich christliche Frauen in der Regierung sehen.
       
       KAIRO taz | Der Muslimbruder Mohammed Mursi eröffnete den Kampf um die
       Stichwahl zur ägyptischen Präsidentschaft mit dem Versprechen, eine
       Regierung mit einem breiten politischen Spektrum formen zu wollen. Dabei
       warb er vor allem um die liberale Wählerschaft und gab sich weltoffen.
       
       Er wolle einen „modernen, demokratischen und zivilen Staat schaffen“,
       erklärte er und appellierte vor allem an die christlichen Kopten, die
       Frauen und die Jugend, ihn zu unterstützen. Den Christen versprach er volle
       Bürgerrechte, den Frauen die freie Kleidungswahl und den Jugendlichen das
       Recht auf friedlichen Protest.
       
       Er kündigte auch an, das Notstandsgesetz abzuschaffen und das Amt des
       Präsidenten neu zu definieren. „Wenn ich Präsident bin, dann wird dieses
       Amt nicht auf eine Person reduziert. Die Zeit des Präsidenten als Superman
       ist gescheitert und vorbei“, sagte er.
       
       Die Muslimbrüder hoffen, mit dem Auftritt den Boden für eine breite
       politische Koalition zu bereiten. „Wir reden mit allen politischen Kräften,
       die an der Revolution teilgenommen haben. Wir sind offen, alle Vorschläge
       zu diskutieren“, erklärte Essam Erian, der Vizepräsident der
       Muslimbruderschaft.
       
       Dabei geht es den Muslimbrüder vor allem darum, die Wähler der Kandidaten,
       die in der ersten Runde verloren haben, auf ihre Seite zu ziehen. Erwartet
       wird, dass diese Exkandidaten für eine Teilnahme der Liberalen und Linken
       an einem Bündnis mit den Muslimbrüdern konkrete Forderungen stellen werden.
       Ein besonderes Thema dieser zweiten Runde des Wahlkampfes sind die Kopten.
       
       ## Kopten in der Kritik der Revolutionäre
       
       Die sollen in der ersten Runde in großer Zahl für den Ex-Regierungschef und
       Mubarak-Mann Ahmed Schafik gestimmt haben und damit in die Kritik einiger
       Revolutionäre geraten sein. In einem auf den sozialen Medien
       weitverbreiteten Aufruf mit dem Titel „Die Kopten sind nicht schuld“ gab
       der prominente Blogger Sandmonkey den Ball allerdings zurück.
       
       „Viele Revolutionäre glauben, dass die Kopten mit dieser Wahl die
       Revolution im Stich gelassen haben. Tatsache aber ist, dass die Revolution
       bisher die Kopten im Stich gelassen hat, und das rächt sich jetzt“,
       schreibt er. Sowohl Mursi als auch Schafik werben nun für die Wähler der
       christlichen Minderheit, die 10 Prozent der Wählerschaft ausmacht. Mursi
       kündigte an, als Präsidentenberater oder auch als Vizepräsidenten einen
       Christen zu bestimmen.
       
       Schafik revanchierte sich, er suche eine koptische Frau für das Amt, hätte
       aber bisher noch keine „qualifizierte christliche Dame“ gefunden. Im
       gleichen Treffen hatte Schafik jedoch auch angekündigt, mit „Exekutionen
       und brutaler Gewalt“ die Ordnung innerhalb eines Monats wieder
       herzustellen. Es gäbe Hoffnung, sagte er: „Denn entgegen allen Vorwürfen
       sind die Ägypter gehorsam.“
       
       31 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim Gawhary
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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