# taz.de -- Kolumne Aufm Platz: Wie die Innenpolitiker
       
       > Bei der EM in der Ukraine und in Polen wird es nicht viele geben, die
       > ansehnlichen Fußball spielen. Mauern und treten heißt die Devise.
       
 (IMG) Bild: Wer austeilt kann auch was abbekommen: Bastian Schweinsteiger, 2010.
       
       Zum Beispiel England. Von der Mannschaft erwartet kaum jemand etwas bei
       diesem Turnier. Trainer Roy Hodgson ist erst seit Mai im Amt. Er gilt als
       systemtreuer 4-4-2-Apologet. Aber wie es nun einmal ist, wenn man nicht die
       Spieler hat, die man gerne hätte, und wenn die Spieler, die man hat, nicht
       so gut sind, wie man sie gerne hätte – dann setzt man auf eine
       konzentrierte Defensive.
       
       So wird die Mannschaft wohl mit einem 4-2-3-1-System auflaufen. Die
       Doppelsechs, die bei der WM 2006 zum Standard wurde, wird auch die EM 2012
       beherrschen. Sicherheitsdenker sind nicht nur die deutschen Innenpolitiker,
       die Problemfans an die Kandare (Fußfessel) nehmen wollen, auch die meisten
       Trainer im Weltfußball denken zu erst an die Verhinderung von Angriffen.
       
       Die Engländer werden nicht die Einzigen sein, die ihrer Offensive wenig
       zutrauen und an die Verstärkung der Defensive denken. Dänen, Ukrainer oder
       Griechen werden es nicht anders machen. Das Hauptaugenmerk ihrer Trainer
       gilt der Absicherung. Die Offensivspieler werden in einer gewissen
       Grundordnung auf den Rasen geschickt. Das kann klappen – auch gegen
       Mannschaften, deren Trainer sich auf die Suche nach kreativen Lösungen im
       Angriff bemühen.
       
       Das sind nicht allzu viele. Die Deutschen – wie vor zwei Jahren bei der WM
       in Südafrika – könnten diesmal wieder für die offensiven und ästhetischen
       Höhepunkte des Turniers sorgen. In der EM-Qualifikation ist es der
       Mannschaft von Joachim Löw gelungen, auch gegen Mannschaften, die nur
       verhindern wollten, schön zu spielen. Fast nie waren zu viele Spieler vor
       dem Ball. Schöne Tore gelangen durch schnelles und präzises Bedienen derer,
       die aus dem Mittelfeld nach vorne gerannt sind.
       
       Die Erwartungen an die Deutschen sind hoch. Wie mies wären die Rückblicke
       auf die Wochen in Südafrika ausgefallen, hätte die Nationalmannschaft der
       Defensivdiktatur, die im Weltfußball herrscht, nicht etwas Ansehnliches
       entgegengesetzt. Am Ende hat man sich darüber gestritten, ob das, was die
       Spanier spielen können, nicht noch erotischer war, als die guten Auftritte
       der Deutschen. Auf den Spaniern ruhen wieder die Hoffnungen auf ein paar
       herausragende Momente. Der Wettstreit der Offensivsysteme, der Streit
       zwischen dem zermürbenden Ballbesitzfußball spanischer Prägung mit dem
       deutschen Balleroberungs- und Tempofußball, sollte idealerweise wieder im
       Finale ausgefochten werden.
       
       Bis dahin sind vor allem die Mannschaften gefährlich für das schöne Spiel,
       die sich ihres Drecksackfußballs rühmen. Die offensiv herausragenden
       Niederländer bauen auf die Abräumer Mark van Bommel und Nigel de Jong. Ein
       Cristiano Ronaldo kann sich auf die Tritte von Stürmerschreck Pepe
       verlassen. An dieser Stelle sei ein wenig hoffnungsfroher Ausblick auf die
       EM gegeben – grauenhafte Szenen inklusive. Es wird gemauert und getreten
       werden. Ab und zu wird Fußball gespielt werden – vielleicht.
       
       8 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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