# taz.de -- Kommentar Einkommensverteilung: Pensionsansprüche kappen
       
       > Die Ungerechtigkeit in Deutschland ist überall: Im Bildungssystem, in der
       > Vermögens- und Rentenverteilung. Glaubwürdige Umverteilungspolitik muss
       > dort ansetzen.
       
       Eine Nachricht vom wissenschaftlichen Wegesrand: Dass Migrantenkinder bei
       der Schulempfehlung wegen ihrer ethnisch-nationalen Herkunft benachteiligt
       werden, lässt sich nicht mehr behaupten. Bei der Überleitung der Kinder
       aufs Gymnasium wird natürlich weiter diskriminiert – aber nur noch nach dem
       Einkommen, nicht mehr nach dem Geburtsland der Eltern.
       
       Auch an dieser empfindlichen Schaltstelle der Gesellschaft hat also der
       materielle Faktor den Rassismus verdrängt. Alle Kinder begreifen:
       Entscheidend ist, wie viel Geld man mitbringt. Nichts anderes.
       
       So sehr nun die Parteien links der CDU die Backen aufblasen und Richtung
       Bundestagswahlkampf 2013 mit neuem Umverteilungswerkzeug gestikulieren – es
       wird die über Jahrzehnte geschaffene Kluft an Chancen und Einkommen in
       Deutschland kaum schließen helfen. Mindestlohn, Spitzensteuersatz von 48,
       49, 50 Prozent, auch Bürgerversicherung: alles fein, aber angesichts der
       Größe der Aufgabe zum Verzweifeln wenig.
       
       Nun hat in den vergangenen 30 Jahren vermutlich niemand etwas anderes
       gehört, als dass der Staat arm sei, überall gespart werden müsse und in
       Schule wie Hochschule bloß Mängelverwaltung betrieben werden könne. Doch es
       wird schlimmer. Was nun mit den Auswirkungen von Finanzkrise,
       Schuldenbremse und Fiskalpakt auf die öffentlichen Haushalte zukommt, lässt
       die Finanzpolitiker in irres Kichern ausbrechen.
       
       Denn den aufs Minimum schrumpfenden Spielräumen steht nicht zuletzt ein
       Maximum an Pensionsansprüchen gegenüber. Wenn die Beamten der
       Babyboomergeneration ihre Ruhegelder haben wollen, wird kein Bundesland
       mehr die Mittel haben, um der wachsenden Schar der altersarmen
       Normalrentner Schutz und Abwechslung zu bieten. Die abgehängten Schulkinder
       werden auf innovativen Unterricht wie auf Sanierung ihrer Klassenzimmer
       verzichten müssen.
       
       SPD wie Grüne (die Linkspartei hat keine Regierungsaussichten) behaupten,
       soziale Ungleichheit wieder bekämpfen zu wollen. Dann aber reicht der
       häufige Gebrauch der Vokabeln „Mindestlohn“ und „Spitzensteuersatz“ nicht
       aus – so wenig wie das dadurch hereinzuholende Geld.
       
       Die Ungerechtigkeit in Deutschland ist tief eingeschliffen, sie sitzt im
       Bildungssystem, in der Bevorzugung von Vermögen, in der ungleichen
       Verteilung von Altersbezügen. Glaubwürdige Umverteilungspolitik muss da
       ansetzen.
       
       11 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Winkelmann
       
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