# taz.de -- Mehrkosten Flughafen: Es könnte so schön sein
       
       > Die Mehrkosten für den Flughafen explodieren ins Surreale. Ein Bruchteil
       > dieser Gelder würde reichen, viele Probleme in der Stadt zu lösen.
       
 (IMG) Bild: Eine Milliarde Euro? Das gäbe einen ordentlichen Packen Bücher!
       
       Kinder 
       
       Aktuell bekommen 40 Prozent aller Kinder von Hartz-IV-Empfängern zu Hause
       kein Frühstück. Ihnen hilft das christliche Kinder- und Jugendwerk Die
       Arche, das sich aus Spenden finanziert. Bernd Siggelkow, Gründer und Leiter
       der Arche, wünscht sich vor allem, dass bei der Frühstücksversorgung etwas
       getan wird. Die Mittel der Arche reichen momentan nur für das Frühstück
       einer einzigen Grundschule aus. Das kostet 30.000 Euro im Jahr. Berlin hat
       aber 364 öffentliche Grundschulen. „Mit einer Milliarde Euro könnten wir
       über 90 Jahre lang allen Grundschulen Berlins Frühstück liefern. Allein mit
       den 15 Millionen, die der nicht eröffnete Flughafen jeden Monat kostet,
       könnte die Arche zwei Jahre lang all ihre deutschen Standorte finanzieren
       und dabei 2.500 Kinder im Jahr versorgen.“
       
       Bibliotheken 
       
       Was können Berliner Bibliotheken für neue Medien ausgeben, und was müssten
       sie für sie ausgeben, um die Nachfrage zu decken? 2010 wurden rund 3,7
       Millionen Euro, 2011 3,3 Millionen ausgegeben – 2012 sind nur 3,2 Millionen
       für neue Medien angesetzt. Das ist pro Einwohner in Berlin weit weniger als
       ein Euro.
       
       Bezirksstadträtin für Weiterbildung, Kultur, Umwelt und Naturschutz Sabine
       Weißler (Grüne), die 2001 bis 2011 Leiterin des Kulturamts und des
       Fachbereichs Bibliotheken im Bezirk Steglitz-Zehlendorf war, meint:
       „Jährlich müssten 1,50 Euro pro Einwohner in Berlin ausgegeben werden.“ Das
       ergibt einen groben Mehrbedarf von über zwei Millionen jährlich.
       
       Die Bibliothekare selbst sehen das anders, etwa Werner Grunwald von der
       Bibliothek am Wasserturm: „Ich meine, wir bräuchten eher das Doppelte“,
       also zusätzlich etwa 3,2 Millionen jährlich. Barbara Schleihagen vom
       deutschen Bibliotheksverband sieht die Lage noch dramatischer: „Wir gehen
       davon aus, dass in den Bibliotheken pro Einwohner zwei Medien vorhanden
       sein sollten.“ In Berlin waren 2010 allerdings nur 4,143 Millionen Medien
       vorhanden, das sind 1,18 Medien pro Einwohner. Um auf zwei Medien pro
       Berliner aufzustocken, also 2,857 Medien zusätzlich zu erwerben, bräuchte
       man, wenn jedes Medium durchschnittlich nur 10 Euro kosten würde, etwa das
       Neunfache des tatsächlichen Etats auf einen Schlag – Erneuerungskäufe
       exklusive.
       
       Kitas 
       
       „Der Erziehermangel in den Berliner Kitas kommt daher, dass ein Erzieher in
       Berlin so wenig verdient und deshalb kaum Anreiz hat, hierher zu kommen“,
       sagt Tom Erdman, Sprecher der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaften
       (GEW). Er schätzt, dass ein Erziehergehalt von derzeit 2.134 auf etwa 2.600
       Euro ansteigen müsste, um den Beruf in Berlin wieder attraktiv zu machen.
       „Eine reizvolle Gehaltsaufstockung würde demnach etwa 5 Millionen jährlich
       kosten“, kalkuliert Erdman. Ab dem Jahr 2013 gibt es eine gesetzliche
       Verpflichtung der Stadt, dass jedes Kind in Berlin Anspruch auf einen
       Kitaplatz hat. „Um diesen Gesetzesanspruch zu gewährleisten, bräuchte man
       7.000 neue Kita-Erzieher“, sagt Erdman.
       
       Demnach müssten in Berlin im nächsten Jahr etwa 220 Millionen Euro an
       zusätzlichen Gehältern lockergemacht werden, um jedem Kind den gesetzlich
       versprochenen Kitaplatz zusichern zu können.
       
       Bildung 
       
       Heidrun Quandt, Vorsitzende vom Berliner Landesverband für Bildung und
       Erziehung, vermutet, dass durch die demografische Entwicklung in Berlin in
       naher Zukunft ein ungedeckter Lehrerbedarf von etwa 1.000 Lehrern entstehen
       wird. Um diese Lücke zu schließen, bedürfe es etwa 53 Millionen Euro.
       Quandt ist sauer: „Es gibt mehr als genug Prestigebauobjekte in Berlin,
       bald ist Berlin nicht mehr arm, aber sexy, sondern arm und obendrauf blöd.“
       
       Wasser 
       
       Wenn es nach dem Willen des Berliner Wassertischs geht, steht der Preis für
       den Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe fest: Für jeweils einen Euro
       sollen die Miteigentümer RWE und Veolia ihre Anteile an das Land Berlin
       verkaufen. „Die VerbraucherInnen haben durch den ständig steigenden Preis
       ja schon lange den Kaufpreis zurückgezahlt, den Veolia und RWE 1999 bezahlt
       haben“, sagt Gerhard Seyfarth, Sprecher des Berliner Wassertischs. Doch so
       billig wird es wohl nicht werden. Finanzsenator Ulrich Nußbaum hat sowohl
       RWE als auch Veolia jeweils 654 Millionen Euro für den Rückkauf geboten.
       Macht zusammen 1,38 Milliarden Euro.
       
       S-Bahn 
       
       Wie teuer es wäre, den Berliner S-Bahn-Betrieb per Direktvergabe in die
       Hände eines landeseigenen Unternehmens zu geben, lässt sich nur schwer
       beziffern. „Das kann niemand seriös sagen“, sagt Jörg Kronberg,
       Gewerkschaftssekretär bei der Eisenbahngewerkschaft EVG.
       
       So oder so gilt diese Variante als unwahrscheinlich. Diese Woche hat der
       Berliner Senat entschieden, nur einen Teil des Berliner S-Bahnnetzes
       auszuschreiben. Doch dafür braucht es dringend neue Waggons, denn ein
       Drittel des Bestands darf 2017 nicht mehr fahren. Die soll eigentlich der
       neue Betreiber mitbringen. Doch mit einer Summe von rund 600 Millionen Euro
       könnte das Land auch eigene Wagen kaufen. Das Fuhrparkproblem der Berliner
       S-Bahn wäre auf einen Schlag gelöst, glaubt Kronberg. „Das wären sicherlich
       richtig schöne Fahrzeuge.“
       
       Radwege 
       
       Radfahren wird in Berlin immer beliebter. Doch damit fällt auch immer mehr
       BerlinerInnen auf, wie es um das Radnetz der Stadt bestellt ist: schlecht.
       Viele Wege sind veraltet, es fehlt an Radspuren auf der Straße. „Wir
       fordern 5 Euro pro EinwohnerIn für die Berliner Fahrrad-Infrastruktur“,
       sagt Eva-Maria Scheel, Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs
       Berlin. Somit kämen 17,5 Millionen Euro zusammen. Nach dem Willen des ADFC
       sollen damit nicht nur neue Radwege gebaut, sondern auch alte saniert
       werden. Die Forderung ist bereits in der Radverkehrsstrategie aufgenommen
       worden. Ob das Geld auch bewilligt wird, ist unklar.
       
       22 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) J. Kulms
 (DIR) M. Hauft
 (DIR) S. Messmer
 (DIR) C. Schöttle
       
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 (DIR) Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
       
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