# taz.de -- Journalist über Anti-Obama-Kampagnen: „Die Zauberkraft der Märkte“
       
       > Vielen US-Bürgern wurde eingeredet, dass die Regierung schuld sei ist an
       > der Krise, glaubt der Journalist Robert Parry. Die Linke habe nicht genug
       > dagegengehalten.
       
 (IMG) Bild: Bekommt viel Hass zu spüren: US-Präsident Obama.
       
       taz: Herr Parry, woher kommt die Wut gegen Washington und gegen „die
       Regierung“? 
       
       Robert Parry: Seit mindestens drei Jahrzehnten hat die amerikanische Rechte
       aggressiv und wirksam argumentiert, dass die Regierung die Quelle der
       meisten Probleme im Land ist. Ohne die Regierung würde der Privatsektor
       besser funktionieren. Seit Ronald Reagan gesagt hat: „Die Regierung ist
       nicht die Lösung, sondern das Problem“, ist diese Botschaft unendlich oft
       wiederholt worden. Und sehr effektive Propaganda geworden.
       
       Wie ist die Linke damit umgegangen? 
       
       Sie hat nicht dagegengehalten, dass die Regierung eine wichtige Rolle
       spielt und nützlich ist und Gutes tun kann.
       
       Warum nicht? 
       
       Nach dem Vietnamkrieg ist die gut funktionierende Medienstruktur aus
       Magazinen und Nachrichtendiensten verschwunden. Die Linke hat sich auf
       lokale Themen und lokales Organisieren konzentriert, und den Slogan
       kreiert, „Think globally, act locally“ (Global denken, lokal handeln). Den
       Krieg der Ideen – wie die Rechten sagen – hat sie nicht geführt. In den
       80er Jahren ist „liberal“ fast ein Schimpfwort geworden.
       
       Was haben die Demokraten denn getan, während die Rechten den „Krieg der
       Ideen“ führten? 
       
       Um ihre Jobs in der Regierung zu retten und hier und dort eine Wahl zu
       gewinnen, haben auch sie zunehmend die Rolle der Regierung
       heruntergespielt. Einschnitte in den Wohlfahrtsstaat gemacht. Den
       internationalen Handel gestärkt. Daraus entstand das Argument, dass die
       Regierung vor allem für die nationale Verteidigung gut ist.
       
       Welche Rolle spielen rassistische Ressentiments bei der aggressiven
       Kampagne gegen Barack Obamas Politik? 
       
       Dass Präsident Barack Obama schwarz ist, mag für einige Leute der Grund
       sein, ihn zu hassen. Aber das größere Thema ist dieser ideologische Riss.
       Der hat dafür gesorgt, dass viele Leute – inklusive viele Arbeiter –
       glauben, dass die Märkte alles regeln können. Es handelt sich um einen
       beinahe religiösen Glaube, dass die Märkte es besser können. Der Glauben an
       die Zauberkraft der Märkte ist die andere Seite der Medaille. Darin sind
       auch die Attacken gegen die Regierung enthalten.
       
       Aber die Märkte haben doch erst vor vier Jahren – im Herbst 2008 – versagt. 
       
       Das haben damals auch viele erkannt. Und das ist einer der Gründe, weshalb
       Barack Obama die Wahlen von 2008 gewonnen hat. Aber die Rechte hat sich
       sehr schnell wieder Gehör verschafft. Und sie hat es geschafft, viele davon
       zu überzeugen, dass Barack Obama durch seine Interventionen – also neue
       Regeln für die Wall Street, die Gesundheitsreform und das
       Konjunkturprogramm – die Wirtschaft davon abhält zu boomen. Gerade weil die
       Kampagne – der Krieg der Ideen gegen die Regierung – schon so lange anhält,
       klingt das für viele überzeugend.
       
       29 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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 (DIR) Schwerpunkt USA unter Donald Trump
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