# taz.de -- Vernetzte Geräte auf der „Conlife“: Warum die Waschmaschine schweigt
       
       > Schon heute könnte der Wecker problemlos den Morgenkaffee bei der
       > Kaffeemaschine bestellen. Doch das „vernetzte Leben“ scheitert an der
       > Konkurrenz der Konzerne.
       
 (IMG) Bild: Niemand da? Und trotzdem wird kommuniziert.
       
       KÖLN taz | Es ist ein alter Science-Fiction-Traum: Der Wecker auf dem
       Nachttisch prüft Terminkalender und Verkehrslage und weckt seinen Besitzer
       früher, wenn die S-Bahn Mal wieder ausgefallen ist. Millionen Elektroautos
       fahren durch Deutschlands Straßen und dienen im Ruhezustand als
       gigantischer Energiespeicher für das intelligente Stromnetz voller
       erneuerbarer Energie. Und: Die deutsche Wirtschaft macht mit all dem
       Milliardengewinne.
       
       Die Zukunftsvisionen der Messe „conlife“ des Branchenverbands Bitkom in
       Köln haben sich in den vergangenen Jahren nicht wirklich verändert. Doch
       der Optimismus, mit dem die deutsche Wirtschaft an das Thema „connected
       life“ – „vernetztes Leben“ – herangegangen ist, hat sich bisher nicht
       ausgezahlt. Die Heimautomation ist trotz offizieller Unterstützung der
       Bundesregierung, trotz intelligenter Stromzähler und Werbekampagnen fast
       immer noch der gleiche Nischenmarkt, der er vor Jahren war.
       
       Zum ersten Mal hatte die Messe sich auch für das Laienpublikum geöffnet und
       als sich als Publikumsmagneten den Ex-Fußballmanager Reiner Calmund
       verpflichtet. Der erzählte auf der Bühne selbstzufrieden, wie toll denn
       seine neue Heizungssteuerung und Gegensprechanlage funktioniere, selbst
       wenn er Mal wieder in Asien weile. Doch weniger als 50 Menschen hörten dem
       Vortrag zu. Calmund hingegen verbreitet Optimismus: „In einem Jahr ist der
       Saal hier halb voll. Und in zwei Jahren ist der Laden hier knüppeldicke
       voll“, sagte er. Doch das dachten die Aussteller bereits vor zwei Jahren.
       
       Grund für den mangelnden Publikumserfolg ist unter anderem: Die Industrie
       steht sich selbst auf den Füßen: Jeder Anbieter möchte selbst seine eigenen
       Lösungen verkaufen. Das intelligente Heim kann aber nur funktionieren, wenn
       die Produkte aller möglichen Hersteller problemlos zusammenarbeiten.
       
       Mit der neuen Initiative „EEBus“ soll das geschafft werden – ob der neue
       Standard aber wirklich mit allen Geräten kommunizieren kann, steht aber
       noch in den Sternen. Die Deutsche Telekom hingegen setzt auf die eigene
       Plattform namens „Qivicon“, auf die möglichst viele Kooperationspartner wie
       Energiekonzerne und Endgerätehersteller eingeschworen werden sollen. Mit
       dabei sind schon EnBW und Miele.
       
       Doch die beste Industrieallianz funktioniert nicht, wenn die
       Wohnungswirtschaft nicht mitspielt. Denn die neuen
       Kommunikationsinfrastrukturen brauchen auch eine bessere Verkabelung. Zwar
       können Funknetze Steuerungssignale auch durch Wände leiten – damit die neue
       Technik jedoch wirklich reibungslos und zukunftssicher funktioniert, sind
       jedoch neue Kabel nötig. Das heißt: Besitzer von Mietwohnungen müssen
       investieren.
       
       ## Hoffen auf die Rentner
       
       Wirklichen Grund dafür haben sie jedoch noch nicht: „Sie werden garantiert
       keinen Erfolg haben, wenn sie die Wohnungswirtschaft nur als Halter von
       Leerrohren sehen“, erklärte Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands
       deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen in Köln. Wenn die
       Vernetzungsindustrie in jedes Zimmer vordringen will, muss sie auch den
       Vermietern neue Einnahmequellen bieten.
       
       Eine viel zitierte Möglichkeit ist das „assisted living“ – per Internet
       sollen Senioren täglich Blutdruck und Blutzuckerwerte an ihren Arzt
       schicken, der Badezimmerspiegel soll den automatischen Überblick über die
       notwendigen Medikamente behalten, während Lieferdienste mühselige
       Einkaufstouren ersparen. So könnten teure Pflegezeiten vermeiden werden.
       Problem: Noch zahlen die Kranken- und Pflegekassen für die solche
       Umrüstungen nicht.
       
       Es geht um viele Milliarden. Eine vom Branchenverband
       [1][//www.bitkom.org/de/publikationen/38338_72591.aspx%E2%80%9C:veröffentli
       chte Studie] sieht für das Jahr 2020 ein Umsatz-Potenzial von mehr als 120
       Milliarden Euro in den mit Heimvernetzung verbundenen Produkten und
       Dienstleistungen. Dazu müssten aber alle mitspielen: Die Provider müssten
       jedes Haus mit Glasfaseranschlüssen ausstatten und sogar Tiefgaragen mit
       eigenen Internetzugängen ausgestattet werden, um die Technik der
       Elektroautos ideal zu nutzen.
       
       Je weiter sich die Realität vom Idealzustand entfernt, um so stärker fallen
       die Gewinne: Wird die Heimvernetzung nur zu 50 Prozent etabliert, rechnen
       die Experten gerade einmal mit Umsätzen von 31 Milliarden Euro. Aber auch
       um dieses Ziel zu erreichen, müssen sich die Anbieter noch ordentlich
       zusammenraufen – und erst mal das Interesse der Kunden erwecken.
       
       29 Jun 2012
       
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