# taz.de -- Muslimverbände nach Beschneidungsurteil: Gesetz oder Verfassungsklage
       
       > Migrantenorganisationen und Muslimverbände hoffen auf den Gesetzgeber. Er
       > soll Beschneidungen von Jungen regeln. Auch ein Klage vor dem
       > Verfassungsgericht ist möglich.
       
 (IMG) Bild: Umstrittenes Urteil: Für Muslimverbände ist die Strafbarkeit von Beschneidungen ein Angriff auf die Religionsfreiheit.
       
       KÖLN taz | Als Konsequenz aus dem umstrittenen Kölner Beschneidungsurteil
       fordern muslimische Verbände und türkische Migrantenorganisationen nun
       Gesetzesänderungen. Der Bundestag solle „schnellstmöglich“ eine „gesetzlich
       geschützte Regelung für die Beschneidung von Jungen“ erlassen, heißt es in
       einer am Mittwoch in Köln vorgestellten Erklärung.
       
       Die vom Landgericht Köln festgestellte Strafbarkeit der Zirkumzision aus
       religiösen Gründen nehme „keinerlei Rücksicht auf die seit Jahrtausenden
       weltweit durchgeführte rituelle Praxis in unterschiedlichen Religionen“ und
       habe „alle Muslime schockiert“, kritisieren die 19 Organisationen, darunter
       die Türkisch-Islamische Union Ditib, der Islamrat und der Zentralrat der
       Muslime.
       
       Das im Mai ergangene Urteil sei „ein bedauerlicher Ansatz, der von einem
       kulturrelativistischen Blickwinkel zeugt“. Es widerspräche „grundlegend dem
       Ethos eines Rechtsstaates“ und schaffe „ein unzumutbares Maß an
       Rechtsunsicherheit“.
       
       Die Rechtsauffassung der Kölner Richter führe zu einem nicht hinnehmbaren
       „massiven Eingriff in die Religionsfreiheit“, sagte der Sprecher des
       Koordinationsrates der Muslime, Ali Kizilkaya. In dieser Frage würden die
       islamischen Verbände mit dem Zentralrat der Juden „am gleichen Strang“
       ziehen.
       
       ## Urteil treibt Eltern in Gewissenskonflikt
       
       Darüber hinaus sei die Gerichtsentscheidung „ein Rückschlag für die
       Integration“. Muslimische Eltern würden in einen tiefen Gewissenskonflikt
       getrieben. „Wir wollen auch keinen Beschneidungstourismus ins Ausland“,
       warnte Kizilkaya. „Wir hoffen und gehen davon aus, dass der Gesetzgeber
       handeln wird.“
       
       Die muslimischen Verbände erwägen auch einen Gang nach Karlsruhe vor das
       Bundesverfassungsgericht. „Wir sind noch in der Beratung, wir haben noch
       keine abschließende Entscheidung getroffen“, sagte Kizilkaya, der dem
       Islamrat vorsteht.
       
       Dagegen begrüßte der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten
       (IBKA) das Kölner Urteil. „Es war höchste Zeit, dass die Beschneidung aus
       religiösen oder anderen ideologischen Gründen endlich als das gesehen wird,
       was sie ist: ein strafbarer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit von
       wehrlosen und ihren Eltern ausgelieferten Jungen“, sagte IBKA-Sprecher
       Rainer Ponitka. „Das Urteil stärkt die Rechte der Kinder vor religiösen
       Übergriffen.“
       
       ## Kinderchirurgen zufrieden
       
       Auch die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) nahm das
       Beschneidungsurteil „begrüßend zur Kenntnis“. Mit der Entscheidung werde
       „das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Kindes unterstrichen“,
       erklärte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kinderurologie der DGKCH,
       Maximilian Stehr, am Mittwoch in Stuttgart.
       
       Gerade Kinderchirurgen müssten hier strenge und klare Maßstäbe ansetzen.
       „Dabei geht es in keinem Fall um die Diskriminierung von
       Religionsgemeinschaften, die die Zirkumzision bei nicht
       einwilligungsfähigen Knaben regelhaft praktizieren, sondern vielmehr um
       ärztliche Ethik“, betonte Stehr.
       
       4 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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