# taz.de -- Fälschung von Beweisen beim G8-Gipfel: Haftstrafen für italienische Polizisten
       
       > Bei dem blutigen Sturm einer Schule während des G8-Gipfels in Genua haben
       > Polizisten schwere Beweisfälschungen begangen. Dafür wurden sie zu hohen
       > Haftstrafen verurteilt.
       
 (IMG) Bild: Polizeigewalt während des G8-Gipfels in Genua.
       
       ROM taz | Mit der Verurteilung von 16 Spitzenbeamten der italienischen
       Polizei zog am Donnerstag das Kassationsgericht in Rom den juristischen
       Schlussstrich unter den zum Abschluss des G8-Gipfels 2001 in Genua
       erfolgten Sturm der Polizei auf die Scuola Diaz.
       
       Freiheitsstrafen zwischen drei Jahren und acht Monaten und fünf Jahren,
       dazu der Verlust aller öffentlichen Ämter für fünf Jahre: Italiens Justiz
       greift hart durch gegen jene Beamte, die am 21. Juli 2001 den nächtlichen
       Sturm auf die G8-Gegner zu verantworten hatten.
       
       Mehrere Hundertschaften drangen damals in das Gebäude ein und schlugen
       dutzende wehrlose Protestierer krankenhausreif. Knochenbrüche,
       Lungenperforationen, Schädeltraumata zählten zu den Verletzungen. Mehrere
       Opfer schwebten über Tage in Lebensgefahr.
       
       Zudem wurden alle 93 in der Schule Aufgegriffenen, unter ihnen zahlreiche
       Deutsche, als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung verhaftet. Als
       Beweis dienten zwei im Eingangsbereich „gefundene“ Molotow-Cocktails, die
       sich die Polizei mitgebracht hatte, sowie eine angebliche Messerattacke auf
       einen Polizisten. Auch die Stichspuren auf dessen Jacke erweisen sich als
       schlechte Inszenierung.
       
       Der Sturm auf die Scuola Diaz wurde zum blutigen Abschluss der durch
       extreme polizeiliche Gewalt gekennzeichneten Gipfeltage. Hunderte blutig
       geschlagene Demonstranten und ein Toter – der von einem Carabiniere
       erschossene Carlo Giuliani – ließen den G8-Gipfel von Genua zum Trauma
       werden.
       
       ## Mit dem Molli in der Hand gefilmt
       
       Den jetzt verurteilten Spitzenbeamten wurde zum Verhängnis, dass es
       eindeutige Videobeweise gab, die sie mit den Molotow-Cocktails im Hof der
       Schule zeigen. Alle in der Schule verhafteten Gipfelgegner wurden schnell
       durch die Staatsanwaltschaft Genua entlastet, die stattdessen die
       Polizisten auf die Anklagebank setzte.
       
       Während für die Anklagepunkte Körperverletzung und willkürliche Verhaftung
       die Verjährung griff, erfolgte jetzt im Punkt „schwere Dokumentenfälschung“
       die Verurteilung. Zwar wird aufgrund von in den letzten Jahren
       ausgesprochenen Strafnachlässen für vor 2006 begangene Verbrechen niemand
       die Haftstrafe antreten müssen. Alle aber werden aus dem Polizeidienst
       ausscheiden müssen.
       
       Dort hatten sie trotz der schweren Anklagen in den letzten elf Jahren ihre
       Karrieren fortgesetzt und stiegen in Schlüsselpositionen der nationalen
       Polizeiführung wie des Inlandsgeheimdienstes auf. Innenministerin Annamaria
       Cancellieri erklärte, sie werde die Verurteilten sofort aus dem Dienst
       entfernen. Genugtuung äußerte Giuliano Giuliani, der Vater des
       Gipfel-Todesopfers Carlo. Das Urteil zeige, dass es in Italien „noch einen
       Hauch von Justiz gibt“.
       
       6 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
       
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