# taz.de -- Kommentar Genua-Prozess: Berlusconi muss nicht büßen
       
       > Das Gericht in Rom setzt ein Zeichen für die Opfer der Polizeigewalt beim
       > G-8-Gipfel in Genua 2001. Doch die Hauptschuldigen werden wohl nie
       > juristisch belangt.
       
 (IMG) Bild: Der Spaß ist vorbei: Renata Polverini (l.) vor ihrem Rücktritt, zusammen mit Partei-Chef Silvio Berlusconi (r).
       
       Die Kleinen hängt man – und die Großen lässt man laufen: Dies war im besten
       Falle die Erwartung der G-8-Gegner, die vor elf Jahren in Genua von der
       Polizei zusammengeknüppelt wurden. Niemand rechnete damit, dass auch nur
       ein einziger der Verantwortlichen je zur Rechenschaft gezogen würde.
       
       Der Kassationshof in Rom hat jetzt die Skeptiker eines Besseren belehrt.
       Laufen lässt er jene kleinen Beamten, die den Schlagstock schwangen; ihre
       Taten sind verjährt. Büßen müssen dagegen die Kommandeure. Auch wenn keiner
       von ihnen in Haft kommt, ist doch ihre Karriere abrupt beendet.
       
       Dies ist ein ebenso unerwartetes wie wichtiges Signal, das den Gang der
       Ereignisse seit jenen heißen und blutigen Julitagen 2001 in Genua radikal
       umkehrt. Statt Strafe nämlich, so schien es, gab es für die
       gesetzesbrecherischen Beamten nur Gratifikationen, Auszeichnungen und
       Beförderungen.
       
       Da präsentierte sich ein Staat, der nichts dabei zu finden schien, dass die
       Spitze der Polizei in flagranti dabei erwischt worden war, Beweismittel zu
       fälschen, um die schwere Körperverletzung friedlicher und oft sogar
       schlafender Demonstranten zu rechtfertigen.
       
       Da präsentierte sich ein Staat, der sich jeder Aufklärung verweigerte:
       Sowohl in den Berlusconi-Jahren als auch unter der Mitte-links-Regierung
       von 2006 bis 2008 scheiterten alle Versuche, einen parlamentarischen
       Untersuchungsausschuss einzusetzen.
       
       Wenigstens einen Teil dieser Lücke füllt jetzt die Justiz mit ihrem mutigen
       Urteil. Die größte Lücke aber bleibt weiterhin: Hinter der Polizei standen
       die politisch Verantwortlichen – stand Italiens Regierung. Es waren ihre
       Einsatzbefehle, die die Gewaltorgie von Genua möglich gemacht haben. Doch
       weder Silvio Berlusconi noch seine Minister werden dafür je büßen müssen.
       
       6 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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