# taz.de -- Öffentlich-Rechtliche und die Verlage: Für den ganz großen Auftritt
       
       > Zeitungsverlage und öffentlich-rechtliche Sender müssen Verbündete
       > werden. Sonst werden sie in den Medien von morgen keine Rolle mehr
       > spielen. Ein Gastbeitrag
       
 (IMG) Bild: Wenn das Internet schon jetzt das Leitmedium der jungen Generation ist, läuft der Fernseher Gefahr, nur noch in der Ecke zu stehen.
       
       „Bild kauft Bundesligarechte“ lautete die Schlagzeile am 17. April diesen
       Jahres und weiter: „Springer setzt auf das Zugpferd Bundesliga“. Die
       Richtung ist klar: Die Zeitungsverleger erschließen sich den Marktplatz
       Internet auch im Rahmen audiovisueller Berichterstattung.
       
       Keiner in Deutschland praktiziert dies gerade so konsequent wie Axel
       Springer. Die Übertragungsrechte der Fußball-Bundesliga für das stationäre
       und mobile Internet gehen für die nächsten vier Spielzeiten an den
       Mutterkonzern der Bild-Zeitung.
       
       Natürlich steht Axel Springer nicht repräsentativ für die von einer
       immensen, mittlerweile im globalen Kontext stattfindenden Konzentration
       geplagten Medienlandschaft. Gerade die deutschen Zeitungslandschaft ist
       immer noch durch zahlreiche kleinere und mittlere Verlage geprägt.
       
       Doch auch diese setzen verstärkt auf die „Karte Internet“, wie erfolgreiche
       Mittelständler beispielsweise der Mediengruppe Pressedruck eindrucksvoll
       zeigen. Rundfunkaktivitäten, Internetdienstleistungen und
       Printberichterstattung treffen dort aufeinander. Neue Geschäftsfelder
       müssen und werden erschlossen, weit über die Zeitung hinaus.
       
       Umso ärgerlicher, dass trotz der Innovationspolitik der Verlage der seit
       Jahren tobende Streit mit den Zeitungsverlegern über den Umfang der
       öffentlich-rechtlichen Aktivitäten im Netz immer noch weitere Runden dreht.
       Für den 19. Juli ist der nächste Gerichtstermin angesagt, auf dem die
       Zulässigkeit der sehr erfolgreichen „Tagesschau App“ verhandelt wird.
       Parallel wird zwischen ARD, ZDF und den Verlegern seit Monaten um eine so
       genannte „Gemeinsame Erklärung“ gerungen, die einen Grundkonsens über die
       Internetaktivitäten der beiden Sender abbilden soll.
       
       ## Konsens kaum möglich
       
       Dabei steht aus Verlegersicht vor allem der Umfang der Textangebote bei den
       Telemedienangeboten der öffentlich-rechtlichen Sender im Mittelpunkt. Doch
       lässt sich hier wirklich ein Konsens herstellen, der die ohnehin schon
       restriktiven rechtlichen Vorgaben (keine presseähnlichen Angebote ohne
       Sendungsbezug,7-Tage-Frist, Negativliste, etc.) so konkretisiert, dass
       zukünftige Klagen der Verleger ausbleiben?
       
       Wohl kaum. Die Bedeutung des Netzes nimmt so rasant zu, dass den
       Öffentlich-Rechtlichen hier die Türen vielmehr weiter geöffnet werden
       müssen, um die Akzeptanz bei den jungen Mediennutzerinnen nicht komplett zu
       verlieren.
       
       Nur noch 45 Prozent der 18- bis 29-Jährigen sprechen sich in
       repräsentativen Umfragen für den Erhalt des gebührenfinanzierten Systems
       aus. Dies ist mehr als ein Alarmsignal und dokumentiert das sich radikal
       verändernde Mediennutzungsverhalten. Das Internet ist schon jetzt das
       Leitmedium der jungen Generation und auch ARD und ZDF tragen dem längst
       Rechnung, sei es mit Facebook-Profilen, YouTube-Channeln oder der Präsenz
       ihrer Mediatheken auf Spielekonsolen.
       
       Dieser Entwicklung muss endlich auch die Medienpolitik folgen. Das Internet
       muss auf Dauer neben Fernsehen und Hörfunk zur gleichberechtigen „Dritten
       Säule“ der öffentlich-rechtlichen Aktivitäten ausgebaut werden. Dem muss
       der Rundfunkstaatsvertrag - natürlich unter Beachtung der EU-Vorgaben -
       aber beispielsweise genauso auch die KEF bei der Gebührenverteilung Folge
       leisten. Nur so werden wir die jüngeren Zielgruppen weiter an das
       Qualitätsmedium öffentlich-rechtlicher Rundfunk binden können.
       
       Und zu der dafür notwendigen Internetpräsenz sind Textbausteine
       unabdingbar, auch wenn natürlich audiovisuelle Elemente den Fokus bilden.
       Dies müssen auch die Verleger verstehen - oder wollen sie etwa einem jungen
       Menschen wirklich erklären, was genau der Unterschied zwischen einem
       Textangebot in einem Telemedium und auf der Internetpräsenz einer
       Tageszeitung ist?
       
       Dürfen ARD und ZDF demnächst keine Twitter-Botschaften mehr verschicken,
       weil hier 140 Zeichen Text im Mittelpunkt stehen? Oder müssen sie die
       Kommentarfunktion in sozialen Netzwerken abschalten, weil auch hier zu viel
       „getextet“ wird? Beim „Projekt Internetbrille“ von Google dürften sie
       dagegen mitmachen, weil die visuellen Elemente die Textpassagen überlagern?
       
       ## Absurde Abgrenzung
       
       Das klingt nicht nur im Zeitalter der fortschreitenden Medienkonvergenz
       mehr als absurd. Und den Zeitungsverlegern wäre auch nicht geholfen, wenn
       die öffentlich-rechtlichen Sender im Internet weiter begrenzt werden. Beide
       Seiten sollten sich vielmehr verbünden, um in den hybriden Medienzugängen
       von morgen überhaupt noch wahrgenommen zu werden.
       
       Man denke nur an die TV-Plattformen von Apple oder Google. Dort werden
       zukünftig vermutlich die Angebote der Sportverbände („DFB-TV“), der
       globalen Broadcaster („Hulu“) oder der sozialen Netzwerke („You Tube Movie
       Channel“) neben den Apps und Mediatheken von ARD/ ZDF oder der Zeit und dem
       Spiegel um die Aufmerksamkeit der Nutzerinnen und Nutzern buhlen.
       
       Das Verhältnis von Text, Bild und Video hier kleinteilig zu bemessen, würde
       der Suche nach der berühmten Stecknadel gleichen. Da hilft auch keine
       gemeinsame Erklärung, sie macht - zumindest in der jetzt bekannten Fassung
       - leider alles nur noch komplizierter und weniger nachvollziehbar.
       
       6 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Cem Özdemir
 (DIR) Oliver Passek
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Tatort
       
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