# taz.de -- Machtwechsel in der Afrikanischen Union: Südafrikanischer Durchmarsch
       
       > Die Südafrikanerin Dlamini-Zuma ist die neue Kommissionschefin der
       > Afrikanischen Union. Damit schwindet der Einfluss des frankofonen und
       > westafrikanischen Raums.
       
 (IMG) Bild: Die Südafrikanerin Nkosazana Dlamini-Zuma soll sich mehr mit der Umsetzung denn Verabschiedung von Beschlüssen befassen.
       
       BERLIN taz | Die Afrikanische Union (AU) bekommt wieder eine Führung. Mit
       37 von 51 Stimmen wählte der afrikanische Staatengipfel in Äthiopiens
       Hauptstadt Addis Abeba am Sonntagabend die Südafrikanerin Nkosazana
       Dlamini-Zuma zur AU-Kommissionschefin. Es ist der wichtigste Posten in der
       panafrikanischen Organisation, deren Struktur der der EU nachempfunden ist.
       
       Der letzte AU-Staatengipfel im Januar hatte sich darüber noch heillos
       zerstritten. In drei Wahlgängen hatte sich Dlamini-Zuma nicht gegen den aus
       Gabun stammenden Amtsinhaber Jean Ping durchsetzen können. Sie gewann zwar
       jeden Wahlgang – mit 28 gegen 25, 27 gegen 26 und schließlich 32 gegen 12
       Stimmen –, aber nicht mit der nötigen Zweidrittelmehrheit. Der vierte
       Wahlgang wurde daraufhin auf den nächsten Gipfel vertagt, Ping blieb
       geschäftsführend im Amt, sozusagen als lahme Ente.
       
       Der Machtwechsel von Ping zu Dlamini-Zuma bedeutet nun eine fundamentale
       Machtverschiebung in der AU. Ping ebenso wie sein Vorgänger und allererster
       AU-Kommissionschef Alpha Oumar Konaré aus Mali vertritt den frankofonen
       Raum, Dlamini-Zuma den anglofonen. Ping ebenso wie Konaré vertrat West- und
       Zentralafrika, Dlamini-Zuma das südliche und auch das östliche Afrika.
       
       Von Afrikas Großmächten stand Nigeria hinter Ping und Südafrika hinter
       Dlamini-Zuma. Früher hatten Machtkämpfe zwischen Südafrika und Libyen
       AU-Gipfel beherrscht – nach Gaddafis Sturz 2011 bestätigt sich jetzt der
       südafrikanische Durchmarsch.
       
       ## AU soll effizienter werden
       
       Was das inhaltlich bedeutet, ist aber noch nicht ausgemacht. Südafrikas
       Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane sagte, die AU werde jetzt
       effizienter: „Das heißt, mehr Zeit mit der Umsetzung unserer Beschlüsse zu
       verbringen statt einfach immer mehr zu beschließen.“ Andererseits will
       Südafrikas Regierung nicht den Eindruck erwecken, die neue AU-Chefin sei
       eine Ländermarionette.
       
       Mehr Zeit mit Umsetzung als mit Beschlüssen zu verbringen dürfte
       Dlamini-Zuma leicht fallen, denn die AU schiebt einen Riesenberg
       unerledigter Pläne vor sich her. Der aktuelle Gipfel beschäftigte sich
       wieder einmal mit der Stärkung des innerafrikanischen Handels, was in der
       Praxis meist an den bürokratischen Knüppeln scheitert, die Afrikas
       Regierungen ihren eigenen Unternehmern zwischen die Beine werfen.
       
       Der Gipfel hätte eigentlich in Malawi stattfinden sollen, aber weil die
       dortige Regierung den vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag mit
       Haftbefehl gesuchten sudanesischen Präsidenten Omar Hassan al-Bashir nicht
       im Land haben will, wurde er kurzerhand in die AU-Zentrale nach Addis Abeba
       verlegt. Es ist geltende AU-Beschlusslage, Den Haager Haftbefehle zu
       ignorieren, wenn sie Präsidenten betreffen.
       
       Erfolgreicher war der Gipfel beim Umgang mit aktuellen Krisen. Sudans
       Präsident Bashir traf sich zu einem Versöhnungsgipfel mit seinem
       Amtskollegen Salva Kiir aus Südsudan. Es war ihr erstes direktes Treffen
       seit einer geplatzten Verhandlungsrunde in Addis Abeba im April. Jetzt
       wollen sie ihre zunehmenden bilateralen Probleme vor einer vom
       UN-Sicherheitsrat gesetzten Deadline am 2. August lösen.
       
       Einen weiteren historischen bilateralen Gipfel absolvierten Paul Kagame und
       Joseph Kabila, die Präsidenten von Ruanda und der Demokratischen Republik
       Kongo. Kabila, der sonst nie zu AU-Gipfeln auftaucht, stellte sich
       gemeinsam mit Kagame „im Prinzip“ hinter einen Friedensplan, den die
       Außenminister der Region letzte Woche beschlossen hatten und der die
       Stationierung einer „neutralen internationalen Truppe“ im Ostkongo
       vorsieht. Dort ist die Rebellenarmee M23 auf dem Vormarsch.
       
       Keinen Durchbruch gab es bei einem dritten Krisenherd: Mali. Die AU
       bestätigte bloß bestehende Beschlüsse.
       
       16 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Eskalation in südafrikanischer Mine: Polizei erschießt 30 Streikende
       
       Der Streik in einer südafrikanischen Platinmine ist außer Kontrolle
       geraten. Polizisten sollen bis zu 30 Menschen erschossen haben. Präsident
       Jacob Zuma spricht von sinnloser Gewalt.
       
 (DIR) Ausschreitungen in südafrikanischer Mine: Streik mit tödlichem Ende
       
       Die Rivalität zwischen zwei Bergarbeitergewerkschaften in Südafrika
       eskaliert in einer Gewaltorgie. Neun Menschen sterben. Grund ist die
       drohende Absatzkrise im Bergbau.
       
 (DIR) Äthiopiens Premierminister Zenawi: Der unsichtbare starke Mann
       
       Wo ist Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi? Der Politiker wurde seit
       sieben Wochen nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen, angeblich geht es
       ihm gut.
       
 (DIR) Terrorismus in Nigeria: Im Schatten des Sultans ist es friedlich
       
       Der Terror der islamistischen Gruppe Boko Haram breitet sich in Nigeria
       weiter aus. Ausgerechnet der Sitz des Oberhauptes der nigerianischen
       Muslime bleibt friedlich.
       
 (DIR) Flüchtling startet unter olympischer Flagge: „Die Hoffnung des Südsudan lebt“
       
       Im Südsudan gibt es vieles nicht. Auch kein Nationales Olympisches Komitee.
       Daher entschied das IOC, dass ein staatenloser Flüchtling unter der
       olympischen Flagge starten darf. Eine edle Geste.
       
 (DIR) Neue Chefin der Afrikanischen Union: Afrikas „Eiserne Lady“
       
       Die Wahl Nkosazana Dlamini-Zuma zur Kommissionschefin der Afrikanischen
       Union ist umstritten. Die Ex-Frau von Jacob Zuma ist Kritik aber gewohnt.
       
 (DIR) Staatengipfel der Afrikanischen Union: Alles Verlierer
       
       Die Afrikanische Union scheitert bei der Wahl eines Kommissionspräsidenten.
       Das offenbart die tiefen Zerwürfnisse auf dem Kontinent nach dem Sturz
       Gaddafis.