# taz.de -- Die Spiele sind eröffnet: Die Queen als Mrs. Bean
       
       > Die großartige Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in London hat
       > gezeigt: Sport ist very british, Sport ist Pop und es darf gelacht
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Die Spiele sind eröffnet!
       
       LONDON taz | Was für eine Party! Das Feuer brennt, die ersten Medaillen
       werden vergeben, die Show läuft. Punk, Rock, Pop und bewegliche Dioramen
       mit Bildern aus der britischen Sozialgeschichte haben nicht nur die 80.000
       Zuschauer im Londoner Olympiastadion begeistert.
       
       Die Eröffnungsfeier, die Filmregisseur Danny Boyle inszeniert hat, war
       umwerfend, hat aber auch gezeigt: Sport ist nicht so groß, wie es uns die
       Macher der Pekinger Spiele vor vier Jahren weismachen wollten. Sport ist
       wichtig, aber nicht die ganz große Politik. Sport begeistert, Sport ist
       Pop. Und – auch das hat Boyle der Welt zeigen wollen: Sport ist very
       british. Es darf sogar gelacht werden.
       
       ## Vom Paradies in die Hölle
       
       Ein grünes Eiland, Kühe, Schafe, Bauern, Bauersfrauen und ein paar
       Menschen, die anfangen, sich die Zeit zu vertreiben, indem sie sich mit
       Schlägern Federbälle zuspielen, mit einem Holzprügel einen Ball zu treffen
       versuchen oder sich mit dem Füßen eine Lederpille zuspielen. Es muss
       paradiesisch gewesen sein in lange vergangenen Zeiten in Britannien.
       
       Doch die Hölle lässt nicht lange auf sich warten. Englands große Revolution
       war die industrielle. Die Menschen wurden geknechtet für Kohle und Stahl.
       Tausende sterben. Pandemonium hat Boyle diesen Teil seiner Show genannt,
       die Hauptstadt der Hölle. Grau und schwarz ist es im Olympiastadion, bis
       die fünf Ringe aus Stahl gegossen werden, dann wird es besser.
       
       Es kommt der Pop, Film und Musik führen das Land zurück ins Paradies.
       Beatles, Stones, Sex Pistols und die Arctic Monkeys tragen zur Erlösung vom
       Bösen bei. Mit Pop wird alles gut – vielleicht sogar das fast schon ganz
       kaputtgesparte englische Gesundheitssystem, dessen National Health Service
       Boyle eine vielleicht letzte ganz große Würdigung hat zukommen lassen.
       Sozialdemokratismus kann richtig Spaß machen! Harry Potter, Mister Bean und
       James Bond bringen dann das Paradies endgültig zurück auf die Insel. Jetzt
       darf gespielt werden, olympisch gespielt. Kitschig war es schon bisweilen,
       aber weil es nicht um die ganz große Weltgeschichte, sondern nur um die
       kleine britische Inselwelt ging, war das egal.
       
       Alles Schwere, das im Protokoll einer olympischen Eröffnungsfeier
       vorgesehen ist, der Athleteneid, das Hissen der Fahne des Gastgeberlandes,
       die Hymne der Ausrichternation, die Eröffnungsformel des Staatsoberhaupts,
       das Hissen der Olympiafahne und das Entzünden des olympischen Feuers, all
       das was in Peking noch so schwer gewesen ist, kam am späten Freitagabend,
       beklatscht von den Athleten im Stadion, ganz leicht daher.
       
       Als die Olympische Fahne die letzten Meter bis zum Mast von britischen
       Soldaten getragen wurde, da hat keiner daran gedacht, dass auch dieses
       Popspiel von London in Kriegszeiten stattfindet. In Tarnanzügen
       patroullieren und kontrollieren Soldaten rund um die Wettkampfstätten. Man
       vergisst das nur allzu gern an diesem Abend. Danny Boyle hilft einem dabei.
       
       Das Lächeln lag noch auf den Gesichtern der Menschen, die sich gefreut
       haben, dass die [1][Queen Elizabeth II.] sich nicht nur diese laute
       Discoparty, zu der der Einmarsch der Athleten geraten war, in ihrem Alter
       angetan hat. Nein, sie waren auch begeistert, darüber, dass sie mitgespielt
       hat in einem Filmchen, in der sie von James Bond mit dem Hubschrauber
       abgeholt wird und – mutiger als 007 – noch vor ihm mit dem Fallschirm über
       dem Stadion abspringt.
       
       ## Es darf gelacht werden
       
       Es durfte gelacht werden über die Königin, lächerliche Bärenfellmützen
       suchte man vergeblich im Stadionrund. Die Königin als Mrs. Bean –
       incredible. Und der echte Rowan Atkinson macht mit einer klassischen
       Mr-Bean-Nummer das riesige Stadion im Osten Londons für ein paar Minuten
       zur Kleinkunstbühne.
       
       Mehr Understatement geht nicht. Und als das Feuer nicht von einem
       bedeutenden britischen Sportler – es hätte sich sicher einer gefunden-,
       sondern von sieben Nachwuchssportlern entzündet worden ist, war auch dem
       letzten klar, was Danny Boyle der Welt mitteilen wollte: Es ist doch nur
       Sport! In dieser Nacht hat er viele glücklich gemacht mit dieser Botschaft.
       
       Die Hymne der Eröffnungsfeier wurde noch Stunden nach dem Ende der Feier
       gesungen, in den U-Bahnen, die tatsächlich so funktioniert haben, wie sich
       das keiner vorgestellt hatte (war das auch von Danny Boyle inszeniert?) Die
       Hymne war nicht das Lied auf die Königin. Paul McCartney schickte einen
       seiner alten Beatels-Songs zum Abschied durchs Stadion. Und noch Stunden
       später hallte es in der Tube wider: „Laa laaa lalalalalaaa, hey Jude!“ Noch
       irgendjemand hier, der Olympia hasst?
       
       28 Jul 2012
       
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