# taz.de -- Der abgesetzte Bundespolizei-Chef: Ein riskantes Manöver
       
       > Illoyalität? Nähe zu weißrussischen Behörden? Noch ist unklar, warum
       > Innenminister Friedrich (CSU) den Chef der Bundespolizei absetzte. Die
       > Opposition ist empört.
       
 (IMG) Bild: Der Adler bleibt, Bundespolizei-Chef Seeger nicht.
       
       BERLIN taz | Nur etwas mehr als ein Jahr ist es her, da stand Matthias
       Seeger in dunkelblauer Uniform und Mütze am Tor zum Bundespolizeipräsidium
       in der Heinrich-Mann-Allee in Potsdam. Er hatte den Rücken durchgedrückt
       und begrüßte den damals frisch ins Amt gerutschten Innenminister Hans-Peter
       Friedrich (CSU) mit einem schallenden: „Morgen, Herr Minister.“
       
       Freudig erregt präsentierte der Chef der Bundespolizei daraufhin Friedrich
       seine Mannschaft und deren Ausstattung. Polizisten auf Motorrädern.
       Polizisten auf Pferden. Polizisten mit Sonnenbrillen. Polizisten mit
       G-36-Sturmgewehren. „Wir können stolz sein, dass wir eine so tolle Truppe
       wie die Bundespolizei haben“, diktierte Friedrich anschließend der Presse
       in die Blöcke. Seeger strahlte übers ganze Gesicht.
       
       Inzwischen scheint Friedrich seine Meinung geändert zu haben – zumindest
       von der Spitze der Bundespolizei hält er offenbar gar nichts mehr. Nach
       übereinstimmenden Presseberichten will er den 57-jährigen Seeger nach vier
       Jahren als Präsident zu diesem Mittwoch absetzen – und dessen beide
       Stellvertreter gleich mit dazu.
       
       Die Gründe für diesen drastischen Schritt sind nicht ganz klar. Das
       Vertrauensverhältnis zwischen dem Innenministerium und der Spitze der
       Bundespolizei sei gestört, hieß es vage. Zusätzlich wurden Gerüchte
       lanciert, dass Seeger eine besondere Nähe zu Sicherheitsbehörden im
       autoritären Weißrussland gezeigt habe, was Seeger selbst aber schon vor
       Wochen empört zurückweisen ließ.
       
       ## Illoyal gegenüber dem Ministerium?
       
       Als weiterer möglicher Grund für den Rauswurf wird kolportiert, dass Seeger
       eine mögliche Zusammenlegung der Bundespolizei mit dem Bundeskriminalamt
       vehement abgelehnt und sich so illoyal gegenüber dem Innenministerium
       gezeigt habe. Allerdings lag diese Auseinandersetzung noch in der Amtszeit
       von Thomas de Maizière (CDU). Nachfolger Friedrich hatte dessen Fusionsidee
       gleich abgeräumt, als er im März 2011 Innenminister wurde.
       
       Eine triftige Erklärung für den Rausschmiss der kompletten Spitze der
       Bundespolizei wird Friedrich also noch nachliefern müssen, auch um die
       Unruhe in der mit mehr als 40.000 Mann und Frau starken Polizeibehörde
       nicht noch weiter zu steigern.
       
       Zu den Aufgaben der Bundespolizei zählt, an Bahnhöfen und in Zügen,
       Flughäfen und den Grenzen für Sicherheit zu sorgen, weshalb die Behörde bis
       2005 auch Bundesgrenzschutz hieß. Aber auch die Spezialeinheit GSG 9, die
       etwa bei Festnahmen von Terrorverdächtigen zum Zug kommt, gehört zur
       Bundespolizei. Über deren Einsatz bei Geiselbefreiungen im Ausland hatte es
       zwischen Seeger und dem Innenministerium in der Vergangenheit schon heftige
       Kontroversen gegeben, aber auch dieser Streit liegt schon einige Jahre
       zurück.
       
       ## Opposition findet den Rauswurf „stillos“
       
       Neuer Mann an der Spitze der Bundespolizei soll nun Dieter Romann werden,
       ein bulliger und mitunter auch aufbrausender Beamter aus dem
       Bundesinnenministerium. Er war dort zuletzt in der Abteilung Öffentliche
       Sicherheit zuständiger Referatsleiter für „Ausländerterrorismus und
       Ausländerextremismus“.
       
       Dass die Opposition im Bundestag den Rauswurf der bisherigen
       Bundespolizei-Spitze als „stillos“ und „ohne wirklichen Anlass“ kritisiert,
       wird Friedrich noch wenig stören. Dagegen darf ihn die Empörung sowohl bei
       der konservativen Deutschen Polizeigewerkschaft als auch bei der
       liberaleren Gewerkschaft der Polizei nicht kalt lassen. Denn deren
       Einigkeit ist selten. Nun wettern die beiden einflussreichen Gewerkschaften
       über den bevorstehenden Rauswurf der Spitze, nennen ihn im Stil „vollkommen
       inakzeptabel“, „schäbig“ und „menschlich unanständig“.
       
       Das Manöver ist jedenfalls riskant. Denn wegen der Affären um die
       NSU-Terrorzelle wird es kommende Woche bereits einen Wechsel an der Spitze
       einer Bundessicherheitsbehörde gegeben: Beim Verfassungsschutz folgt auf
       den langjährigen Chef Heinz Fromm mit Hans-Georg Maaßen ebenfalls ein Mann
       aus dem Innenministerium, angeblich wird auch dort bald noch der Vize
       ausgetauscht. Und als ob das nicht schon genug wäre, hört beim
       Bundeskriminalamt der bisherige Chef Ende des Jahres auf.
       
       Das ist viel Umbau auf einmal. Friedrichs Motto scheint dabei zu sein:
       durch loyale Beamte aus dem eigenen Haus die kriselnden Sicherheitsbehörden
       an der kürzeren Leine zu führen.
       
       29 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
       
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