# taz.de -- Oppositions-Bespitzelung: Grüne beschäftigen Verfassungsschutz
       
       > Weil Niedersachsens Grünen-Landtagskandidat Jan Wienken vom
       > Verfassungsschutz beobachtet wird, fragen Parteifreunde an, ob der Dienst
       > auch über sie Informationen sammelt.
       
 (IMG) Bild: Wird hier der linksradikale Nachwuchs herangezüchtet? Grünen-Fraktionschefin Rebecca Harms (2. v. l.) verlegt 2001 mit der Grünen Jugend Rollrasen vor dem Landtag in Hannover.
       
       HANNOVER taz | Mit dem Fall des niedersächsischen Grünen-Politikers Jan
       Wienken, den der Verfassungsschutz seit Jahren beobachtet, wächst die
       Kritik an der Behörde von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann
       (CDU). Die Fraktionen von SPD, Grünen und Die Linke sprechen von einem
       Skandal und fordern eine Unterrichtung des Verfassungsschutzausschusses
       sowie Akteneinsicht. Politische Wegbegleiter des 25-jährigen
       Landtagskandidaten beantragen bei der Behörde nun Auskunft darüber, ob man
       auch über sie Akten führt.
       
       „Rechnen muss man offenbar mit allem“, begründet diesen Schritt etwa Gregor
       Möllring, Sohn von CDU-Finanzminister Hartmut Möllring und wie Wienken
       einst Landessprecher der Grünen Jugend, heute im Grünen-Landesparteirat.
       Helge Limburg, Grünen-Rechtspolitiker im Landtag, rät gar „jedem politisch
       Aktiven aus dem linken Spektrum, ein Auskunftsersuchen zu stellen, damit
       zumindest die Dimension der Beobachtung dieses Spektrums deutlich wird“.
       
       Bekannt – und umstritten – war bislang, dass der Verfassungsschutz seit
       Schünemanns Amtsantritt 2003 die Linkspartei samt ihren Abgeordneten
       beobachten lässt. Dass mit Wienken auch Grüne als vermeintliche
       Linksextremisten im Fokus stehen, wurde vergangene Woche öffentlich. Gegen
       ihn liege ein Platzverweis von 2006 vor, teilte man Wienken auf Anfrage
       mit, außerdem die Teilnahme an Protestaktionen 2008 und 2011. Letzteres
       bestreitet Wienken (siehe Interview): Während der Demo 2011 sei er bei
       einer Parteiveranstaltung gewesen.
       
       Einen „Widerspruch“ sieht selbst Verfassungsschutz-Sprecherin Maren
       Brandenburger. Ob Wienken an der Aktion 2011 teilgenommen hat oder nicht,
       sei aber „nicht erheblich“: Brandenburger verweist auf „weitere
       Erkenntnisse“, die die Beobachtung rechtfertigen, nennt aus
       Datenschutzgründen aber keine Details. Dabei, betont sie, gehe es nicht um
       Wienken als Mitglied der Grünen oder der Grünen Jugend, sondern um
       linksextremistische Gruppen, in denen Wienken sich bewege.
       
       „Überschneidungsbereiche“ zwischen Grüner Jugend und Autonomen, wie
       Brandenburger es nennt, vermutet ihre Behörde indes schon länger: 2011
       gerieten in Hannover Jugendliche ins Visier, die mit Hausbesetzungen ein
       selbst verwaltetes Jugendzentrum forderten, darunter auch Minderjährige aus
       der Grünen Jugend. Grünen-Politiker Limburg nennt das „eine Frechheit und
       juristisch nicht begründbar“. Eine Hausbesetzung könne „ein Rechtsverstoß
       sein, ein verfassungsfeindlicher Akt ist sie nicht“. Brandenburger sieht
       das anders: Wer sich im „Überschneidungsbereich“ betätige, „läuft eben
       Gefahr, beobachtet zu werden“. Schünemann erklärte zur Beobachtung der
       Hausbesetzer, auch das Schaffen „herrschaftsfreier Zellen“ seien
       „Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung“.
       
       Sigrid Leuschner von der SPD fordert Schünemann unterdessen auf,
       offenzulegen, nach welchen Kriterien sein Verfassungsschutz Personen als
       linksextremistisch einstuft. „Die bloße Anwesenheit bei öffentlichen
       Veranstaltungen, an denen auch autonome Gruppen teilnehmen, kann ja wohl
       nicht ausreichen“, sagt sie.
       
       Ob Schünemann das ad hoc ausführen kann, ist fraglich: Für die Beantwortung
       einer Kleinen Anfrage Limburgs zu Widersprüchen im aktuellen
       Verfassungsschutzbericht erbat er sich jetzt bereits die zweite
       Fristverlängerung. Limburg fragt etwa nach konkreten Fakten, warum der
       Bericht militante Tierschützer und Anti-Castor-Initiativen als
       verfassungsfeindlich einstuft.
       
       Darüber ist man sich im schwarz-gelben Kabinett offenkundig uneins: Mit
       „umfangreichen Abstimmungen innerhalb der Landesregierung“, erklärt das
       Innenministerium die Verzögerung. Wäre der Bericht „fundiert und gründlich
       recherchiert“, hält Limburg dem entgegen, „hätte die Antwort eigentlich
       innerhalb einer Woche kommen müssen“.
       
       3 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Teresa Havlicek
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Die Linke
       
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