# taz.de -- Sportförderung in Deutschland: Das große Lamento
       
       > Deutsche Funktionäre und Athleten wollen wegen der mauen Bilanz mehr
       > Geld, dabei kassieren sie schon fürstlich. Die Lösung liegt nicht im
       > Wettrüsten.
       
 (IMG) Bild: Gut angelegtes Geld: Sportförderung der Bundeswehr
       
       BERLIN taz/dpa | Es ist ein Triumph ohnegleichen. Immer wieder klettern
       diese Briten aufs Siegertreppchen – meist ganz nach oben auf den Goldrang.
       Dass der Gastgeber der Olympischen Spiele sich den Rausch immens viel hat
       kosten lassen, interessiert derzeit selbst außenstehende Beobachter nur
       wenig.
       
       In Deutschland sieht das anders aus: Die Medaillenausbeute fällt magerer
       aus, aber auch die Sportförderung hinkt hinter der britischen hinterher.
       Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ist „nicht unzufrieden“ mit
       der bisherigen Leistung der deutschen Olympia-Teilnehmer, sagte er am
       Freitag im „ZDF-Morgenmagazin“.
       
       In der Diskussion um eine Fokussierung der deutschen Sportförderung auf den
       Spitzensport hob er hervor, dass man die Breite aller Sportarten bedienen
       wolle. „Ich glaube, das zahlt sich auch aus“, meinte der für Sport
       zuständige Minister. „Wir haben in vielen verschiedenen Sportarten
       Medaillen gewonnen und das ist auch Tradition in Deutschland, sich breit
       aufzustellen.“
       
       Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes
       (DOSB), hat angesichts des exponentiellen britischen Medaillenwachstums den
       Wunsch geäußert, die Spiele mögen doch mal wieder in Deutschland
       stattfinden. Die Rechnung dahinter ist einfach: So wie die
       Olympiaausrichter Australien, China und Großbritannien dank großzügiger
       Finanzspritzen zu Supermächten in der Sportwelt aufstiegen, soll auch
       Deutschland wieder hochgepäppelt werden. Schließlich mussten sich die
       Briten 1996 in Atlanta mit nur einer Goldmedaille begnügen.
       
       ## Wütende Athleten
       
       Daran gemessen liest sich die deutsche Olympia-Bilanz gut. Aber unter den
       Athleten macht sich nun Unmut breit, dass man so häufig den erfolgreicheren
       Gegnern gratulieren muss. Der Silbermedaillengewinner Maximilian Levy etwa
       klagte: „Von der Förderung sind wir hoffnungslos unterlegen.“
       
       Die deutsche Nachwuchsläuferin Maral Feizbakhsh, die am Freitag in der
       400-m-Staffel antritt, [1][bemängelt im taz-Interview] die einseitige
       Finanzierung des Spitzensports. „Die Leute im Nachwuchsbereich werden nicht
       unterstützt, weder durch Stipendien noch durch Werbeverträge.
       Leichtathletik ist eben nicht Fußball, wo jeder Fünftligist schon seine
       Wohnung davon bezahlen kann“, sagte Feizbakhsh.
       
       Und selbst Robert Harting, der für den weitesten Diskuswurf eine
       Goldplakette bekam, verwies verschnupft auf die vergleichsweise große
       Wirtschaftsmacht Deutschlands im Euroraum und fragte: „Warum sollen wir uns
       nur in der Sportförderung nicht mit anderen vergleichen dürfen?“
       
       Das Lamento einiger deutschen Sportler nährt den Eindruck, das Team sei
       international abgehängt, nur noch mit Entwicklungsländern konkurrenzfähig.
       Ein Blick in den Medaillenspiegel von London würde genügen, um die
       aufgeheizte Debatte zu versachlichen. Dass Deutschland europaweit hinter
       Großbritannien auf dem zweiten Platz rangiert, hat fraglos mit der
       großzügigen Spitzensportförderung hierzulande zu tun.
       
       ## Neun Ministerien finanzieren Sport
       
       Im Etat für 2012 sehen neun Bundesministerien 239,4 Millionen Euro für
       Maßnahmen auf dem Gebiet des Sports vor. Für die olympische
       Spitzensportförderung stellt allein das Bundesinnenministerium knapp 132
       Millionen Euro zur Verfügung. Vier Millionen Euro mehr als im Olympiajahr
       2008.
       
       Das Verteidigungsministerium hat für seine Sportsoldaten sogar neun
       Millionen draufgesattelt. Bei allen sparpolitischen Kürzungsdebatten der
       letzten Jahre blieb das Sportbudget stets unangetastet.
       
       Ein knappes Drittel der deutschen Athleten ist über die Bundeswehr oder die
       Bundespolizei abgesichert. Zudem fördert die durch Spenden, Vermarktung und
       Lotteriegelder finanzierte Stiftung Sporthilfe mit jährlich bis zu 12
       Millionen Euro knapp 4.000 Sportler. Eine Elite von 37 deutschen
       Olympioniken hat von der Sporthilfe über 18 Monate hinweg 1.500 Euro
       bezogen. In der Summe fließt jede Menge Geld in den deutschen
       Leistungssport.
       
       Sinnvoller scheinen deshalb die derzeit auch geführten Strukturdiskussionen
       zu sein. Wie verteilt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) die
       deutschen Steuergelder auf die jeweiligen Verbände? Bislang hat der DOSB
       aus taktischem Kalkül ein Geheimnis daraus gemacht. Ein Berliner Gericht
       hat den DOSB jüngst zur Offenlegung seiner Zuweisungen verdonnert.
       
       ## Abermillionen für den Sieg
       
       Ob das Modell Großbritannien nachahmenswert ist, darf bezweifelt werden.
       Irrsinnige Beträge wurden vor allem über staatliche Lotteriegelder für den
       Sport abgezweigt. Genaue Zahlen sind nicht bekannt. Es ist von „Milliarden“
       (Neue Züricher Zeitung) die Rede. Ein Olympiasieg kostet somit
       Abermillionen.
       
       Auf Dauer können diese Ausgaben auch florierende Wirtschaftsnationen nicht
       stemmen. Das zeigt das Beispiel Australien. Als man im Jahre 2000 die
       Spiele ausrichten durfte, jubelte man in Sydney über 58 Medaillen. In
       London haben die Australier noch nicht einmal halb so viele gewonnen. Dabei
       hat man gar nicht mal weniger für den Sport ausgegeben. Die anderen haben
       zugelegt. Das Wettrüsten nimmt immer absurdere Ausmaße an, dem mit
       rationalen Argumenten kaum zu begegnen ist.
       
       10 Aug 2012
       
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