# taz.de -- Griechenlands olympisches Erbe: Ruinenkulisse zu vermieten
       
       > Rund 100 Millionen Euro jährlich muss der Staat für den Unterhalt der 30
       > griechischen Sportanlagen aufwenden. Mieter finden sich keine – wegen der
       > Wirtschaftskrise.
       
 (IMG) Bild: Verwaist: Ehemaliger Trainingspool für die Olympioniken 2004 in Athen
       
       ATHEN taz | 2009 glaubten die Griechen noch an Wunder: Da besuchte der
       frisch gekürte Regierungschef Giorgos Papandreou gemeinsam mit dem
       spanischen Stararchitekten Josep Acebillo die verwaisten Olympiabauten an
       der attischen Küste und erklärte vor laufenden Kameras, die Umgestaltung
       der Meeresseite der Stadt habe für ihn oberste Priorität. Acebillo, der
       Ähnliches für seine Heimatstadt Barcelona geleistet hat, würde dazu einen
       umfassenden Entwurf liefern, versprach der Sozialistenchef.
       
       Es stellte sich dann heraus, dass die „olympische Riviera“ eins jener
       potemkinschen Dörfer war, die Papandreou schon immer am Herzen lagen. Acht
       Jahre nach den Sommerspielen 2004 bleibt die Nutzung der ganzen Südküste
       Athens in einem Schwebezustand, der immer höhere Kosten für die Erhaltung
       der Bauten verursacht.
       
       Dabei hatten bereits die Baukosten jeden Kalkulationsrahmen überschritten.
       Nach Recherchen der Athener Wochenzeitung Real News hat etwa der Umbau des
       Olympiastadions 340 Millionen Euro verschlungen, obwohl nur 3,1 Millionen
       vorgesehen waren. Die Neugestaltung eines antiken Stadions, in dem 1896 die
       ersten Olympischen Spiele der Neuzeit stattfanden, schlug mit 11 Millionen
       zu Buche, statt der ursprünglich veranschlagten 300.000 Euro.
       
       Das volle Ausmaß der Geldverschwendung bleibt bis heute unbekannt.
       Offiziell mussten die Griechen mit 11 Milliarden Euro für Olympia im
       eigenen Land aufkommen, also 4 Milliarden mehr als bei der Bewerbung der
       Spiele veranschlagt.
       
       ## Gähnende Leere im Olympiastadion
       
       Nachforschungen der französischen Zeitung Le Figaro zufolge hat die
       Kostenexplosion den griechischen Schuldenberg um 3 Prozent des BIP erhöht
       und dazu beigetragen, dass Hellas in eine Schuldenfalle ohnegleichen
       hineinrauschte.
       
       Im Olympiastadion herrscht gähnende Leere, es sei denn, Panathinaikos Athen
       spielt dort um die Fußballmeisterschaft oder die Rocklegende U2 gibt ein
       Konzert für 80.000 Fans. Beides kommt nur noch selten vor. Ein großer
       Bereich des Olympiaparks samt Radrennbahn und Tennisplätzen bleibt
       gesperrt. Selbst die Wandelhalle des spanischen Stararchitekten Santiago
       Calatrava, die einzelne Sportstätten verbindet und als mietbare
       Traumkulisse für Großveranstaltungen gedacht war, wird krisenbedingt nur
       noch selten gebucht.
       
       Bis zu 100 Millionen Euro im Jahr kostet der Unterhalt der 30 olympischen
       Anlagen. Nur die wenigsten werden gewinnbringend genutzt – so das
       Internationale Pressezentrum (IBC). Es liegt verkehrsgünstig am nördlichen
       Stadtrand von Athen und ist zum Luxus-Einkaufszentrum mutiert. Wo einst ARD
       und ZDF ihr Olympiaprogramm produzierten, genießen derzeit die noch übrig
       gebliebenen Schönen und Reichen im Land ihren Einkaufsbummel. Für die
       Immobilie kassiert der Staat über 5 Millionen Euro im Jahr.
       
       Ähnliches hatten die staatlichen Raumplaner mit der Badminton-Halle in dem
       dicht besiedelten Stadtviertel Goudi vor. Auch hier hieß das Konzept:
       langfristige Vermietung statt Verkauf. Eine Firma für Kulturmarketing
       übernahm die Halle und ließ dort einen Konzertraum für 2.500 Zuschauer
       errichten, geriet aber in die Mühlen der Bürokratie: Die fest zugesagte
       Baugenehmigung wurde verzögert und irgendwann entschied ein Gericht, dass
       die Halle abgerissen werde. Daraufhin stellte der Investor seine Zahlungen
       ein und streitet nun selbst vor Gericht über das weitere Vorgehen.
       
       Bereits 2002 wurde eine staatliche „Olympische Immobiliengesellschaft“
       gegründet, die sich um die Verwertung der vermeintlichen Filetstücke nach
       den Spielen kümmern sollte. Die Grundidee: Ganze Stadtviertel Athens würden
       durch die sportfremde Nutzung der Anlagen aufgewertet, was weitere
       Investitionen nach sich ziehe. Doch es kam anders: Bürokratie, unklare
       Eigentumsverhältnisse sowie die Wirtschaftsflaute der letzten Jahre haben
       potenzielle Nachmieter abgeschreckt.
       
       Mangels Interesse von Privatinvestoren werden Olympiabauten auch für
       staatliche Aufgaben in Anspruch genommen. So wurde eine Sporthalle an die
       Universität Piräus vermietet, Beamte des Gesundheitsministeriums durften
       ins Pressezentrum einziehen und Appartements des olympischen Dorfes wurden
       als Sozialwohnungen vergeben. Als hoffnungsloser Fall gilt das einstige
       Baseballstadion im Vorort Alimos. Dort kicken die Fußballer des
       Lokalvereins Ethnikos Piräus, die um den Aufstieg in die zweite Liga
       kämpfen.
       
       12 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Papadimitriou
       
       ## TAGS
       
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