# taz.de -- Kolumne Am Gerät: Die Saite
       
       > Die Studienrätin Frau Ohm liebt das Reiten. Sie möchte auch ihre Jungs
       > für Pferde begeistern. Doch gegen Fußballhelden wie „Özil“ und „Messi“
       > kommt sie nicht an.
       
 (IMG) Bild: Tennis ist teuer. Vor allem, wenn man ständig sein Gerät durch die Luft wirft
       
       Ihr Andi hatte jetzt schon zum zweiten Mal hintereinander die
       Kreismeisterschaften gewonnen. Das kann ein ganz Großer werden, da ist sich
       Vater Reiner sicher. Mutter Evi ist ein wenig skeptischer. Andi war sechs
       und ein wenig dick. Mutter Evi wollte, dass er endlich ein bisschen Sport
       macht.
       
       Am Anfang war er beim Fußball. Doch da gefiel es Evi nicht. Bei den Spielen
       am Sonntag in der Früh um neun haben sich die ersten Fußballväter schon ein
       Bier gekauft. Die anderen hat sie nicht verstanden.
       
       Obwohl sie sagt, dass sie nichts gegen Ausländer hat, fühlte sich nicht
       wohl neben diesen Männern. Im Restaurant des Tennisklubs hatten sie
       freilich schon einmal gegessen. Das Publikum hat ihr gefallen. War das
       nicht was für Andi? Tennis ist zu teuer, dachten sie sich zuerst. Aber dann
       waren sie doch ziemlich überrascht, als man ihnen sagte, Kinder und
       Jugendliche müssten keine Aufnahmegebühr zahlen und seien im ersten Jahr
       sogar von den Mitgliedsbeiträgen befreit.
       
       Und jetzt das. Zwölf ist der Andi jetzt und wird immer besser. Nun wird es
       richtig teuer. Vater Reiner und Mutter Evi hatten lange gebraucht, bis sie
       eingesehen hatten, den Schläger von Andi jedes halbe Jahr neu bespannen zu
       lassen. Der Bub hat mittlerweile 10 Schläger. Das muss reichen, hat Vater
       Reiner geschimpft, als der neue Jugendtrainer des Vereins gesagt hat, es
       müssten jetzt vor jedem Spiel neue Saiten aufgezogen werden.
       
       Keine Kunststoffsaiten mehr. Ohne die doch sehr teuren Darmsaiten kommt
       Andi nicht weiter, hat der Trainer gesagt, und die Evi und Reiner haben
       geschluckt, hatten sie doch gerade erst den fast vierstelligen Betrag für
       das Sommertrainingscamp in Florida investiert, in dem Andi endlich die
       perfekte Rückhand lernen soll.
       
       Der junge Bankangestellte mit der hässlichen rosa Krawatte hat dann gar
       nicht so richtig verstanden, was Evi und Reiner von ihm wollten. Sie
       wollten über die Bank Anteile vom Andi verkaufen. Wer jetzt investiert,
       erklärt Vater Reiner, der wird später an den Gewinnen beteiligt, wenn erst
       die großen Preisgelder einlaufen.
       
       Der Nachwuchsbanker versteht immer noch nicht. Das haben die doch bei
       Thomas Haas damals auch gemacht, als der ein Kind war. Reiner muss kurz
       daran denken, wie ungerecht er es findet, dass der gute, alte Haas in
       London nicht mitmachen darf. Haas? Der Banker versteht immer noch nicht.
       Von einem Haas hat er noch nie gehört. Keine guten Zeiten fürs Tennis. Den
       Kleinkredit für die Darmsaiten bekommen Reiner und Evi dann aber. Immerhin.
       
       2 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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