# taz.de -- Sorbischer Brauch in der Kritik: Der Hahn ist tot!
       
       > Der sorbischen Minderheit soll das traditionelle Rupfen von Gockeln
       > verboten werden. Das fordern zumindest Tierschützer, die sich nun auch um
       > tote Tiere sorgen.
       
 (IMG) Bild: Auf frischer Tat ertappt: Ein Sorbe hängt einen Hahn kopfüber an den Holzbalken.
       
       Da hat aber jemand noch ein Hühnchen zu rupfen – und wo machte das der
       gemeine Deutsche lieber als bei Minderheiten? In der hauptstädtischsten
       aller Hauptstadt-Zeitungen, der B.Z., fragte Stephanie Eschen vom
       Tierschutzverein Berlin am Montag: „Wann verbietet endlich jemand das
       Hahnrupfen?“ Bei dem Brauch der Sorben – einer von drei anerkannten
       nationalen Minderheiten in Deutschland – handle es sich um ein „absolut
       würdeloses Spektakel“.
       
       Drei Tage zuvor hatte der scheidende Tierschutzbeauftragte der Hauptstadt,
       Klaus Lüdcke, die Berliner als tierverrückt, aber ahnungslos bezeichnet.
       Ihre Tierliebe sei grenzenlos, sagte Lüdcke der zweitlustigsten
       Hauptstadtzeitung, dem Tagesspiegel, sie wüssten aber nicht, wie man Tiere
       richtig behandelt. Dass das kein hauptstädtischer Tierschutzverein auf sich
       sitzen lassen will, ist verständlich. Aber warum in die brandenburgische
       Provinz schweifen? Warum sich um tote Tiere sorgen?
       
       Denn um solche dreht es sich beim „Hahnrupfen“ der Sorben: Um einen toten
       Hahn, der an der Querstange einer Art Erntetriumphbogen auf abgeerntetem
       Feld in luftiger Höhe am Querbalken aufgehängt wird und dem dann in einem
       Geschicklichkeitswettbewerb vom Rücken eines Pferdes aus Kopf und Flügel
       abgerissen werden müssen; natürlich von „jungen Burschen“, wie bei allen
       merkwürdigen Bräuchen.
       
       Eine Sache also, die niemand braucht – außer den Sorben; und die den
       Vorteil hat, dass der Hahn nicht wie ein spanisches Tier durch die Arena
       gefoltert oder wie der klassische Hauptstadthund 23,5 Stunden in der
       Wohnung fixiert wird, was ihn draußen neurotisch auf alles Jagd machen
       lässt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Liebe Stephanie Eschen:
       Wollen wir da den toten Hahn nicht doch im sorbischen Dorf lassen?
       
       15 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ambros Waibel
       
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