# taz.de -- Kolumne Blicke: Bayern? Lieber feiern!
       
       > Wer die Unabhängigkeit des Freistaates fordert, verkennt die eigentliche
       > weltgeschichtliche Mission seiner Landeskinder.
       
 (IMG) Bild: Ein Buch, das man eher nicht lesen muss. Es stammt von dem Vordenker und Visionär Wilfried Scharnagl.
       
       Gegen Franz Josef Strauß kann man viel sagen, aber er hatte Humor, war ein
       begabter Krimineller und verlor sich nicht im Klein-Klein.
       
       1980 etwa stellte er in seiner Eigenschaft als bayerischer
       Ministerpräsident amtlich klar, dass es in der Bayernhymne „deutsche Erde“
       und nicht „Heimaterde“ zu heißen habe. Strauß war der Freistaat sein Leben
       lang wurscht, sein Amt fand er lächerlich. Er war ein Weltpolitiker oder
       wollte zumindest einer sein. Es gehört zu den Verdiensten der alten
       Bundesrepublik, ihn in die Grenzen zwischen Alpen und Main verwiesen zu
       haben.
       
       Politisch einflusslos, konzentrierte sich Strauss ganz auf persönliche
       Bereicherung, die aktuell verlässlichste Zahl beläuft sich auf mindestens
       300 Millionen Euro Privatvermögen, bar in Luxemburg deponiert. Wer Strauß’
       Amigo-Clan angehörte, bekam reichlich ab und durfte in südfranzösischen
       Villen specknackige Gelage feiern – mehr Charme und Stil als der ewige
       Saumagen an Kirch-Schmiergeld oder das Absondern von Plattitüden beim
       Reyno-Rauchen hatte das allemal. Nachzulesen ist der Raubzug des FJS bei
       Wilhelm Schlötterer im unverzichtbaren Buch „Macht und Missbrauch. Franz
       Josef Strauß und seine Nachfolger“.
       
       Ein Buch, das man eher nicht lesen muss, kommt nun vom CSU-Vordenker –
       contradictio in adjecto? Interessanter Gedanke! – und Strauß-Intimus
       Wilfried Scharnagl. „Bayern kann es auch allein“ ist der Titel des Werks,
       dessen Seiten sich im Neues-Deutschland- Stil dahinschleppen: Man glaubt
       gar nicht, wie viele Varianten man dem Slogan ’Bayern ist schön, seine
       Landschaften typisch, seine Bauwerke weltberühmt‘ abringen kann.
       
       Ja, es stimmt: Der Slogan der Brauerei, zu deren Produkten man nur dann
       greift, wenn es kein Unertl oder Schneider gibt, ging anders – statt
       ’Bayern‘ hieß es ’Deutschland‘. Nun will ich auf keinen Fall in den
       Verdacht übermäßiger Liebe zum großen D geraten. Gegen eine bayerische
       Selbstständigkeit habe ich keine Einwände, ich würde mir meinen Pass
       abholen und ins Exil gehen. Das würde einem in der Medienbranche einen
       geschäftsfördernden Nimbus geben. Siebenbürgen docet.
       
       Die Welt ist nicht weiß-blau, aber schwarz-weiß ist sie zum Glück auch
       nicht. In Scharnagels Buch gibt es nämlich auch ein hübsches Kapitel. Es
       geht um den Widerstand bayerischer Parlamentarier gegen die
       Zwangsvereinigung mit dem Militärstaat Preußen 1871. Mit großer Weisheit
       sehen die biederen Abgeordneten hier voraus, dass Preußen Krieg bedeutet.
       
       Allein kam Bayern dann nicht mehr von ihnen los, wie man überhaupt mit
       Verlaub sagen muss: Bayern als Staat war immer ein wenig lächerlich, musste
       immer den Kotau machen vor den Großkopferten von Karl dem Großen bis
       Napoleon. Am Schluss mussten es die Amerikaner richten, einer der Reste
       ihres Bayern von den Nazipreußen befreienden Feldzugs wurden vorgestern in
       München-Schwabing gesprengt. Und da sich niemand verletzt hat, darf man es
       ja sagen: Es war eine Mordsgaudi. Und jetzt kommt auch noch die Wiesn!
       Bayern kann es auch allein? Ja, schon: Bayern, das sind die, wo immer
       feiern.
       
       30 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ambros Waibel
 (DIR) Ambros Waibel
       
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