# taz.de -- G8-Proteste in Heiligendamm: Demoverbot war rechtswidrig
       
       > Ein Gericht kritisiert das Sicherheitskonzept beim G-8-Gipfel 2007.
       > Insbesondere das Verbot des Sternmarschs sei rechtswidrig gewesen.
       
 (IMG) Bild: Gewaltbereiter Störer oder politisch interessierter Badegast? – Egal, man darf ihm das Demonstrieren nicht einfach so verbieten.
       
       BERLIN taz | Der Sternmarsch gegen den G-8-Gipfel von Heiligendamm 2007
       wurde zu Unrecht verboten. Das entschied jetzt in letzter Instanz das
       Oberverwaltungsgericht (OVG) Greifswald.
       
       Im Juni 2007 kamen Tausende nach Mecklenburg-Vorpommern, um gegen den
       Weltwirtschaftsgipfel in Heiligendamm zu demonstrieren. Weil linke Gruppen
       im Vorfeld eine „reale und effektive“ Blockade des Gipfels angekündigt
       hatten, erließ die Polizei ein 40 Quadratkilometer umfassendes Demoverbot
       rund um das Seebad. Das Verbot sei erforderlich, um die Zufahrtswege zum
       Gipfel freizuhalten und Polizeieinheiten zügig hin und her bewegen zu
       können. Auch die zentrale Demonstration, ein Sternmarsch zum
       Tagungsgelände, wurde verboten.
       
       Das OVG Greifswald erklärte nun, dass die Polizei damals ein völlig
       einseitiges Sicherheitskonzept vertrat. Die Interessen der Demonstranten an
       der Durchführung der Proteste seien nicht berücksichtigt worden. Deshalb
       sei das Demonstrationsverbot rechtswidrig gewesen.
       
       ## „2000 gewaltbereite Störer“
       
       Auch das Argument der Polizei, eine „Verhinderungsblockade“ sei nicht von
       der Versammlungsfreiheit geschützt, ließ das OVG nicht gelten. Zum einen
       könne eine Versammlung nicht nur verboten werden, weil einzelne Teilnehmer
       zu rechtswidrigen Mitteln greifen wollen. Außerdem sei eine Sitzblockade
       von der Versammlungsfreiheit geschützt, wenn sie Aufmerksamkeit erregen und
       einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leisten will.
       
       Die Greifswalder Entscheidung kommt nicht überraschend. Sie bestätigt ein
       Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin von Anfang 2011. Beide Gerichte
       konnten sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem
       Juni 2007 berufen. Noch während der Proteste hatte Karlsruhe die
       Demoverbote beanstandet. Es verzichtete dann aber darauf, den Sternmarsch
       durch eine einstweilige Anordnung zuzulassen, weil die Polizei vor „2.000
       gewaltbereiten Störern“ warnte. Die Protestbewegung nahm sich ihr
       Demonstrationsrecht schließlich ohne Genehmigung.
       
       Die Linke-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke begrüßte das Urteil. Das Verbot
       sei als „undemokratische Maßnahme“ entlarvt worden. Jelpke war
       Mitanmelderin des Sternmarschs.
       
       (Az.: 3 L 74/11)
       
       19 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) G7
       
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