# taz.de -- Fleischverzehr in Argentinien: Gefiederte Rumpsteaks
       
       > Argentinisches Rindfleisch ist weit über die Grenzen des Landes beliebt.
       > Doch im Land selbst kriselt die Industrie. Unbeliebtes Federvieh ist auf
       > dem Vormarsch.
       
 (IMG) Bild: Der Stolz Argentieniens: Eine Herde Rumpsteaks auf vier Beinen.
       
       Argentinien ist nicht mehr Weltmeister. Beim Pro-Kopf-Verbrauch von
       Rindfleisch hat das Land den Titel an Uruguay verloren. Nur noch 57 Kilo
       verzehrt jedeR der 40 Millionen EinwohnerInnen jährlich. Auch aus dem Club
       der zehn größten Rindfleischexporteure der Welt ist Argentinien
       ausgeschieden.
       
       Das geht ans Eingemachte des argentinischen Egos. „Jetzt importieren wir
       auch noch Rindfleisch aus Uruguay,“ jammert mein argentinischer Bekannter.
       Heute gibt es 12 Millionen Rinder weniger als noch vor drei Jahren. Der
       Fleischpreis hat sich seit 2005 versiebenfacht. Wir sitzen gerade im
       Restaurant, wo uns der Kellner das Tagesmenu ans Herz legt:
       „Hähnchenschnitzel mit Beilagen, sehr lecker“.
       
       „Uns wachsen noch Federn“, murmelt mein Bekannter und nickt dem Kellner ein
       „Ja, nehm ich“ zu. Solidarisch verzichte ich auf das Rumpsteak und heuchle
       ein „Für mich auch“. Vor ein paar Jahren hatte statistisch gesehen jedeR
       noch über 70 Kilo Rindfleisch im Jahr vertilgt. Und heute? 40 Kilo
       Hähnchenfleisch – das Doppelte seit dem Jahr 2000.
       
       Wegen der hohen Fleischpreise mache ein Tenedor libre nach dem anderen
       dicht, sagt mein Bekannter. Ich versuche ihn damit zu trösten, dass auch
       ich unter dem Schließen dieser Festpreisrestaurants leide, in denen wir
       Fleisch billig und bis zum Abwinken essen konnten. Aber wenn ein Porteño
       ins Jammern kommt, gibt es kein Halten. „Überall machen jetzt diese
       vegetarischen Selbstbedienungsrestaurants auf.“ Sagt es, als würde er
       virtuell die Stützpunkte einer feindlichen Übernahme auf den Stadtplan
       einzeichnen.
       
       ## Fleisch aus Feedlots ist im Kommen
       
       Doch damit ist es nicht genug. „Schau dir das an.“ Auf seinem Handydisplay
       sind zwei Rinderhälften zu sehen. Bei der einen Hälfte schimmert das Fett
       gelblich, bei der anderen weiß. „Welche würdest du kaufen?“ Tatsächlich
       wirkt das gelbe Fett alt und das Fleisch nicht sehr appetitlich.
       
       „Das Fett im Fleisch aus den Feedlots ist weiß, bei dem von dem Weide ist
       es gelb,“ sagte er mir. „Die Hälfte von dem, was wir als Rindfleisch essen,
       kommt heute schon aus den Feedlots.“ In diesen Freiluftstallungen werden je
       nach Größe von 500 bis zu über 20.000 Rinder gemästet.
       
       Neulich sei er beim Fleischer gewesen und habe Rindfleisch aus der
       Weidewirtschaft verlangt. „Der wusste gar nicht, wovon ich rede.“ Kein
       Wunder, dass die Leute im Supermarkt danach greifen, was schön und günstig
       ist. „Wir ruinieren unseren Nimbus als Land der tollen Steaks selber.“ Auf
       unsere Hähnchen haben wir keine Lust mehr. „Komm, wir lassen uns das
       einpacken und gehen da drüben ne Pizza essen.“
       
       27 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Vogt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Viehzucht
 (DIR) Argentinien
       
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