# taz.de -- Glosse Misstrauensantrag in Rheinland-Pfalz: Sätze für Kurt Beck
       
       > Wird er die Nerven behalten oder platzt sein Kragen? Am Gefühlsmanagement
       > Kurt Becks hängt jetzt fast alles. Eine Handreiche.
       
 (IMG) Bild: Was sagt er denn nun?
       
       Um 13 Uhr wird im Mainzer Landtag über einen Misstrauensantrag gegen den
       rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) debattiert. Eine
       Entscheidung soll am Mittwoch fallen.
       
       Auch wenn der leicht nassforsche Vorstoß von Oppositionschefin Julia
       Klöckner (CDU) wegen der rot-grünen Mehrheit kaum von Erfolg gekrönt sein
       wird, muss Deutschlands dienstältester Landesvater sich vorsehen. Die
       Affäre um den bankrotten Nürburgring hängt an seinem ansonsten soliden Ruf
       wie Dreck am Stecken.
       
       Wichtig ist nun, dass Beck die Nerven behält und sich nicht provozieren
       lässt. Ein platzender Kragen, eine patzige Bemerkung – und der Ruf des
       wankenden Giganten wäre weiter ramponiert. Sinnvoll wäre eine kleine
       Handreichung, welche Sätze Kurt Beck auf keinen Fall sagen sollte – und
       welche schon.
       
       So ist ihm nicht zu empfehlen, auf eigene, aus anderen Zusammenhängen
       überlieferte Zitate zurückzugreifen. Eine CDU-Größe lässt sich eben nicht
       abkanzeln wie vor ein paar Jahren ein ungewaschener Arbeitsloser: „Liebes
       Fräulein Klöckner: Wenn Sie sich waschen und rasieren, haben Sie in drei
       Wochen meinen Job.“ Dies empfiehlt sich schon deshalb nicht, weil das
       Fräulein Klöckner als ehemalige Weinkönigin weiß, wie wichtig dem Wahlvolk
       ein adrettes Äußeres ist.
       
       Auch sein früherer Vorwurf, „der Union fehlt es an Respekt vor hart
       arbeitenden Menschen“, geht diesmal ins Leere. Es wird Beck ja gerade
       vorgeworfen, sich nicht ausreichend um das aus dem Ruder laufende
       Prestigeprojekt in der Eifel gekümmert zu haben. Unbedingt zu vermeiden
       wäre auch, was Beck einst freundschaftlich über die Aufregung um Gerhard
       Schröders Engagement für Gazprom gesagt hat: „Wenn ich die gleiche
       Entrüstung erlebt hätte, als Helmut Kohl seine Deals mit Leo Kirch gemacht
       hat, würde ich ihre Empörung herzlich gerne teilen. So aber halte ich das
       für eine künstliche Aufregung.“
       
       ## „Man soll nicht das Schnitzel mit der Axt essen“
       
       Auf seine Situation kann der Ministerpräsident dies nicht anwenden, ohne
       seine Verteidigungslinie aufzugeben: Es gab keine Vetternwirtschaft und
       keine Deals unter meiner Regentschaft. Becks Lage ist indes so heikel, dass
       nicht einmal klassische SPD-Sätze verfangen: „Die Menschen dürfen nicht zum
       Spielball ökonomischer Interessen werden. Sie müssen auch an den
       erarbeiteten Werten beteiligt werden.“ Problem: Am Nürburgring wurden keine
       Werte erarbeitet, sondern effektiv vernichtet – die Rede ist von 330
       Millionen Euro, an deren Begleichung sich nun „die Menschen“ beteiligen
       dürfen.
       
       Auch ein Ausweichen auf volkstümelnde Allgemeinplätze ist nicht mehr
       möglich: „Man soll nicht das Schnitzel mit der Axt essen, sonst geht der
       Teller in Scherben“. Demnach wäre Kurt Beck das Schnitzel und der
       Misstrauensantrag die Axt. Aber wer wollte behaupten, dass dadurch das Land
       in Scherben ginge?
       
       Unbedingt widerstehen sollte er auch der Versuchung, sich von einem
       Experten aus dem Motorsport, den er ja so liebt und fördert, inspirieren zu
       lassen. Einen Satz wie „Ich denke, mit Demokratie bringt man den Laden
       nicht zum Laufen“ lässt man einem nachweislich irren Formel-1-Manager wie
       Bernie Ecclestone durchgehen, nicht aber einem demokratisch gewählten
       Politiker – auch wenn ein anderes Zitat von Ecclestone die Einstellung des
       Ministerpräsidenten zur gegenwärtigen Affäre ganz gut auf den Punkt
       brächte: „Jedes Mal wenn die denken, die hätten mich an den Eiern, stellen
       sie fest, dass ihre Hände dafür nicht groß genug sind“.
       
       Ebenfalls verheerend könnte es sich auswirken, orientierte sich Beck an
       anderen Ministerpräsidenten: „Über diese Ihnen gleich vorzulegenden
       Entschuldigungen hinaus gebe ich Ihnen, gebe ich den Bürgerinnen und
       Bürgern des Landes Rheinland-Pfalz und der gesamten deutschen
       Öffentlichkeit mein Ehrenwort – ich wiederhole: Ich gebe Ihnen mein
       Ehrenwort! – dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe haltlos sind.“ Diesen
       Satz würde, wenn er denn könnte, Uwe Barschel heute gewiss nicht mehr so
       sagen.
       
       Nein, Kurt Beck wäre gut beraten, seine bereits öffentlich geäußerte
       Zerknirschung („Es tut mir mehr als nur leid“) um einen Optimismus zu
       ergänzen, den er sich von einem anderen gewichtigen Pfälzer abschauen
       könnte: „Durch eine gemeinsame Anstrengung wird es uns gelingen,
       Rheinland-Pfalz schon bald wieder in blühende Landschaften zu verwandeln,
       in denen es sich zu leben und zu arbeiten lohnt.“
       
       Falls alle Stricke reißen sollten, bleibt Beck nur noch die
       Guttenberg-Lösung: „Ich war immer bereit, zu kämpfen, aber ich habe die
       Grenzen meiner Kräfte erreicht. Vielen Dank.“
       
       28 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Arno Frank
       
       ## TAGS
       
 (DIR) ADAC
 (DIR) Bernie Ecclestone
       
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