# taz.de -- Lobbyismus bei EnBW: Energie vom heiligen Nikolaus
       
       > Die EnBW träumte von Erdgas aus Russland. Andrey Bykov war ihr Mann –
       > doch von seinen Methoden will heute niemand mehr etwas wissen.
       
 (IMG) Bild: Versucht seit über einem Jahrzehnt, an Erdgas aus Russland zu kommen: Der drittgrößte Stromkonzern Deutschlands, die Energie Baden-Württemberg.
       
       Der Russe Andrey Bykov ist ein Mann, der normalerweise seine Geschäfte im
       Verborgenen macht. Einer der am besten bezahlten Lobbyisten in Europa, wie
       er sagt. Sein Geschäft ist es, deutschen Konzernen Zugang zu russischen
       Bodenschätzen zu verschaffen – Uran und Erdgas.
       
       Ein Jahrzehnt war er in dieser Mission für die Energie Baden-Württemberg
       unterwegs. Der drittgrößte deutsche Energiekonzern träumte von seinem
       eigenen Zugang zu russischem Erdgas. Der Energieträger gilt als perfekte
       Ergänzung zu erneuerbaren Energien. Erdgas war und ist die Zukunft, vor
       allem angesichts des Atomausstiegs. Und es wurde zum Trauma der
       EnBW-Manager.
       
       Bykov war ihr Mann, um ihnen Zugang zu russischen Quellen zu verschaffen.
       Seine Methode mutet aus deutscher Sicht fast skurril an. Er steckte nach
       eigenen Angaben über 100 Millionen Euro der EnBW in eine Stiftung zu Ehren
       des heiligen Nikolaus. Er baute damit Kirchen und Denkmäler, rund um
       Russland. Ein kompliziertes Lobbymodell, mit dem er EnBW in Russland
       beliebt machen und damit ins Geschäft bringen wollte. „Wir arbeiten an
       einer christlichen Wiedergeburt Russlands“, sagte Bykov der sonntaz.
       
       In einem Russland, in dem selbst Putin die orthodoxe Kirche für die eigene
       Legitimation benötigt, öffnet so ein Satz Tür und Tor. Putins Partei
       „Einiges Russland“ selbst war Schirmherrin der Stiftung. Zahlte die EnBW
       und damit die Stromkunden in Baden-Württemberg etwa religiöse Eiferer in
       Russland, um Geschäfte zu machen?
       
       Der sonntaz liegen umfangreiche Dokumente vor, die nahe legen, dass die
       Vorstände der EnBW seit Jahren in die Geschäfte eingeweiht waren. Der
       Konzern hingegen sagt, Bykovs religiöser Einsatz sei reine Privatsache.
       Zwar habe man Verträge in Höhe von 220 Millionen Euro mit ihm
       abgeschlossen, aber nicht mit der Intention, Kirchen zu bauen.
       
       Sondern für knallharte Geschäfte: Lieferungen von Uran, Dienstleistungen
       zum Rückbau von Kernkraftwerken und ja, Beraterverträge, um ins Gasgeschäft
       einzusteigen. Bykov habe einfach nicht, wie vereinbart, geliefert. Jetzt
       fordert die EnBW 119 Millionen Euro von ihm zurück. Gegen eigene Manager
       erhebt der Konzern Regressansprüche in Höhe von rund 209 Millionen Euro.
       Selbst die Staatsanwaltschaft ermittelt mittlerweile in dem Fall.
       
       Wie die EnBW jahrelang versucht hat, ihre Geschäfte in Russland zu
       verschleiern, Manager ihre Verantwortung leugnen und wie Gelder der EnBW
       dazu führten, dass die russisch-orthodoxe Kirche für Andrey Bykov beten
       lässt – das lesen Sie in der aktuellen sonntaz.
       
       8 Sep 2012
       
       ## TAGS
       
 (DIR) EnBW
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) EnBW unterliegt vor Gericht: Herr Bykov besiegt die Schwaben
       
       Der Energiekonzern EnBW verliert auch seinen letzten Prozess gegen einen
       Lobbyisten. Der gottesfürchtige Russe darf nun seine Millionen behalten.
       
 (DIR) Neuer Chef bei EnBW: Verbal auf grün-rotem Kurs
       
       Der neue Chef des Energieversorgers will den Konzern für die Energiewende
       umkrempeln. Er baut dabei auf die Unterstützung der beiden Anteilseigner.
       
 (DIR) Neuer Chef beim Energiekonzern: Ökokurs für EnBW
       
       Baden-Württembergs grün-rote Landesregierung setzt Frank Mastiaux an die
       Spitze von EnBW. Bei Konkurrent Eon war er zuvor für die erneuerbaren
       Energien zuständig.
       
 (DIR) Lobbyisten in Brüssel: Kartierung der Mächtigen
       
       Wo immer in Brüssel politische Entscheidungen getroffen werden, sind
       Lobbyisten nicht weit. Der Stadführer „LobbyPlanet“ bietet einen Überblick.
       
 (DIR) Transparenz bei Lobbyismus: „Immer auf den Absender schauen“
       
       Dass Lobbyisten im Netz für ihre Positionen werben, ist Timo Lange von
       LobbyControl klar. Umso wichtiger sind für ihn Transparenzgebote.
       
 (DIR) ENBW-Deal in Baden-Württemberg: Mappus' kleine Schredderparty
       
       Als er das Amt verließ, ließ Baden-Württembergs Ex-Ministerpräsident seine
       Festplatte zerstören. Wichtige Daten zum ENBW-Deal könnten vernichtet
       worden sein.
       
 (DIR) Die CDU und die ENBW-Affäre: Todesküsse in Stuttgart
       
       Die Mappus-Affäre sorgt in der CDU in Baden-Württemberg für Zoff: die
       Vergangenheit diskutieren oder in die Zukunft schauen? Und auch die
       Bundes-CDU hat Angst.
       
 (DIR) Kommentar EnBW-Rückkauf: Und immer wieder Mappus
       
       Stefan Mappus soll zu viele EnBW-Aktien im Namen von Baden-Württemberg
       gekauft haben. Der Deal war eine Sauerei, aber Mappus ist kein Sonderfall.
       
 (DIR) Energie in Russland: Marode Atomwirtschaft
       
       Russische Regierungsvertreter sollen deutschen Stromkonzernen katastrophale
       Zustände in AKWs beschrieben haben. Russische Aktivisten fühlen sich
       bestätigt.
       
 (DIR) taz enthüllt: Die Geheimpapiere der Atomlobby
       
       Bezahlte Wissenschaftler, instrumentalisierte Frauen: Interne Papiere
       zeigen, wie die Atomkonzerne und ihre Lobbyorganisation die Öffentlichkeit
       beeinflusst haben.