# taz.de -- Lobbyisten in Brüssel: Kartierung der Mächtigen
       
       > Wo immer in Brüssel politische Entscheidungen getroffen werden, sind
       > Lobbyisten nicht weit. Der Stadführer „LobbyPlanet“ bietet einen
       > Überblick.
       
 (IMG) Bild: Geschätzt schwirren zwischen 15.000 und 30.000 Lobbyisten durch Brüssel.
       
       BRÜSSEL dpa | Einst gab die Eingangshalle zum Parlament den Lobbyisten
       ihren Namen. Heute antechambrieren Interessen-vertreter nicht mehr in
       Vorräumen: Die neuen Lobbys sind Cafés, Restaurants oder die Büros der
       Politiker.
       
       Brüssel ist mit geschätzten 15.000 bis 30.000 Lobbyisten eine Hauptstadt
       all jener, die Einfluss suchen. Und für viele Europapolitiker ist der
       Kontakt zu Vertretern aus Wirtschaft, Nicht-Regierungs-Organisationen und
       Regionen eine wichtige Verbindung nach außen. Die Grenzen zwischen
       Erlaubtem und Fragwürdigem sind fließend.
       
       Nun hat die gemeinnützige Initiative [1][„LobbyControl“] einen aktuellen
       Stadtführer über den Lobbyismus im Brüsseler Europa-Viertel herausgebracht.
       Nach Plätzen und Themen geordnet, werden im [2][„LobbyPlanet“] die
       wichtigsten Interessenvertreter vorgestellt, von Autokonzernen über soziale
       Netzwerke bis zu nationalen Banken.
       
       Die Karte ist wenig überraschend: Die Lobbyisten gruppieren sich direkt um
       die EU-Kommission und das Europa-Parlament herum. Seit Juni 2008 gibt es in
       Brüssel ein freiwilliges Transparenz- Register, in das sich Unternehmen und
       Organisationen mit ihrer Lobbyarbeit einschreiben sollen.
       
       ## Verpflichtende Eintragung
       
       Im Europaparlament war gefordert worden, die Eintragung müsse verpflichtend
       sein. Lobbyisten hätten das allerdings verhindert, sagt Nina Katzemich von
       „LobbyControl“. „Hier fehlt es an Kontrollen durch das zuständige
       Sekretariat von Kommission und Parlament“, beklagt sie. „Da werden
       teilweise eindeutig falsche Angaben gemacht.“
       
       Der Stadtführer beschreibt auch die Arbeitsweise der Lobbyisten. Erstes
       Ziel sei die EU-Kommission, weil dort Richtlinien, Verordnungen und
       Entscheidungen ausformuliert werden. Und seit dem Vertrag von Lissabon, der
       dem Europa-Parlament 2009 deutlich mehr Einfluss einräumte, seien auch
       Abgeordnete und deren Mitarbeiter zunehmend von Interesse.
       
       Enger Kontakt sei leichter zu halten als etwa in Berlin, sagt Katzemich:
       „Politiker in Brüssel stehen weniger unter Beobachtung.“ Der „LobbyPlanet“
       verweist auch auf sogenannte Denkfabriken („Think-Tanks“) und auf
       Agenturen.
       
       Die Denkfabriken könnten mit Studien Meinungen beeinflussen, meint
       „LobbyControl“-Mitarbeiter Timo Lange. Einige träten neutral auf, "obwohl
       sie von der Industrie finanziert werden." Und manche Agenturen hält
       „LobbyControl“ für gefährlich: Die Akteure seien nicht sofort sichtbar.
       
       ## Die Mittel der Agenturen
       
       Ein beliebtes Mittel dieser Agenturen sei zudem, für ihre Kunden eine
       Bewegung „von unten“ zu simulieren, etwa Demonstrationen oder
       Unterschriftenaktionen. „Lobbyarbeit ist aber nicht grundsätzlich falsch“,
       betont Lange. Dennoch überwiegt im „LobbyPlanet“ eine kritische Haltung
       gegenüber den Interessenvertretern.
       
       Im Frühjahr 2011 erklärten sich mehrere Europaabgeordnete bereit, gegen
       Geldzahlungen bestimmte Änderungsanträge in Gesetzesberatungen zu stellen.
       Als sich herausstellte, dass das Angebot angeblicher Lobbyisten von einer
       britischen Zeitung nur fingiert war, legten ein österreichischer
       Christdemokrat und ein slowenischer Sozialdemokrat ihre Mandate nieder.
       
       Ein rumänischer Sozialist hingegen amtiert immer noch als Volksvertreter.
       Die Ermittlungen gegen ihn laufen – der Mann findet es aber weder schlimm
       noch ehrenrührig, dass er die Hand aufgehalten hat.
       
       17 Sep 2012
       
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