# taz.de -- Däubler-Gmelin über Europa: „Bürger nicht dümmer als Politiker“
       
       > Herta Däubler-Gmelin ist für eine Volksabstimmung zum EU-Rettungsschirm.
       > Vor ihrer Reise nach Karlsruhe und 37.000 Beschwerdeführern hat sie keine
       > Angst.
       
 (IMG) Bild: Ein Schirm kann vor mehr als Regen schützen.
       
       taz: Frau Däubler-Gmelin, am 12. September entscheidet das
       Bundesverfassungsgericht über die Vereinbarkeit des Rettungsschirms ESM und
       des Fiskalpakts mit dem Grundgesetz. Werden Sie nach Karlsruhe fahren? 
       
       Herta Däubler-Gmelin: Natürlich, das gehört sich so.
       
       Was erwarten Sie, wie wird das Gericht entscheiden? 
       
       Wenn Karlsruhe seiner bisherigen Rechtsprechung folgt, wird es feststellen,
       dass die rote Linie überschritten ist und dass nicht einfach zentrale
       Haushaltsbefugnisse des Bundestags auf die EU-Kommission und
       Banken-Institutionen übertragen werden dürfen.
       
       Was, wenn das Gericht nein sagt? 
       
       Das fänden die mehr als 37.000 Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer
       natürlich bedauerlich. Die Auseinandersetzung um den Weg zu mehr Europa
       muss dann gerade unter denen weitergehen, die Europa ja wollen, aber ein
       soziales Europa, in dem die Bürger das Sagen haben. Nicht Banken und
       „Alternativlos“-Politiker. Die schaffen doch kein Vertrauen!
       
       Welchen Sinn hätte eine Volksabstimmung zum ESM? 
       
       Auf jeden Fall müssten die Parteien endlich mal anfangen, ihre Pläne und
       das zu erklären, was sie mit Europa vorhaben. Und es wäre klar: Europa ist
       nur mit den Menschen zu machen. Ich bin überzeugt davon, dass das gelingen
       kann.
       
       Fürchten Sie nicht ein bloßes Nein von Bürgern, die die Materie nicht
       durchdringen? 
       
       Nein. Ich halte die Bürgerinnen und Bürger nicht für dümmer als Politiker
       oder Journalisten.
       
       ESM, ESFS, Fiskalpakt – was erwidern Sie Leuten, die sagen, lasst mich
       einfach in Ruhe, das versteht kein Mensch mehr. 
       
       Ich höre zu und rede mit ihnen. Es ist erstaunlich, wie wenige einfach
       abblocken.
       
       Sie kritisieren, die Bundesrepublik verkaufe den ESM als alternativlos. Was
       wäre denn eine ernsthafte Alternative zum Rettungsschirm? 
       
       Schwaben wie ich halten natürlich Sparen für gut und den Abbau von Schulden
       auch. Das nur auf den Schultern von Rentnern, Klein- und Normalverdienern
       zu packen, ist falsch und ungerecht. Der DIW-Vorschlag für eine
       Zwangsanleihe für Millionäre ist richtig und wichtig – europaweit. Der
       Schuldentilgungsfonds ist wichtig, um Zeit und Luft zum Atmen und Verändern
       zu bekommen. Außerdem ein europäischer Investitionspakt. Das gehört genau
       wie mehr wirksame Regeln für Finanzen, Börsen und Märkte endlich vom
       Europaparlament diskutiert, entschieden und kontrolliert!
       
       Sie sind SPD-Mitglied, waren Bundesjustizministerin. Nun stellen Sie sich
       mit der Klage gegen die Linie der eigenen Partei. Haben Sie auch
       Unterstützer in der SPD? 
       
       Habe ich wirklich bei Ihnen den Eindruck hinterlassen, ich hätte während
       meiner aktiven Zeit als Politikerin meinen Verstand am Eingang des
       Parteibüros abgegeben? Natürlich sind eine Menge unserer Kläger Mitglieder
       der SPD, aber auch der CDU/CSU, der Grünen, der FDP und der Piraten. Der
       Streit geht ja quer durch alle Parteien und darüber hinaus.
       
       Wie grenzen Sie sich gegen die ESM-Kritiker von rechts wie Peter Gauweiler
       ab? 
       
       Es ist nicht unsere Aufgabe, uns gegen irgendwen abzugrenzen.
       
       10 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Maier
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar ESM-Urteil: Ein alternativloses Urteil
       
       Die Karlsruher Richter hatten keine andere Wahl, als dem ESM zuzustimmen.
       Allein in Deutschland hätte der Schaden weit über eine Billion Euro
       betragen.
       
 (DIR) ESM-Urteil am Bundesverfassungsgericht: Karlsruhe genehmigt ESM
       
       Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden. Der Euro-Rettungschirm ESM
       kann in Kraft treten – unter Auflagen. Die meisten Politiker freuen sich.
       
 (DIR) Mögliche Auswirkung des ESM-Urteils: Was wäre, wenn ...
       
       Jubelt die Börse? Die taz erklärt, welche Auswirkungen das Urteil des
       Bundesverfassungsgerichts zum ESM auf die Zukunft Europas haben kann.
       
 (DIR) Brandenburger Politikerin Saskia Ludwig: CDU-Landeschefin wird zum Risiko
       
       Sie schreibt in der rechten Zeitung „Junge Freiheit“ von „gelenkten Medien“
       und mag AKWs. Brandenburgs CDU hat ein Problem mit der
       Fraktionsvorsitzenden Ludwig.
       
 (DIR) Bundesverfassungsgericht und ESM: Gauweilers Antrag chancenlos
       
       Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag Peter Gauweilers (CSU)
       abgewiesen. Der Verkündungstermin für die Euro-Entscheidung bleibt
       bestehen.
       
 (DIR) Kommentar ESM-Entscheidung: Ende der Deutschtümelei
       
       Es gibt drei Gründe, die das Scheitern der Euroskeptiker am Mittwoch vor
       dem BverfG besiegeln. Allenfalls kosmetische Korrekturen werden die Richter
       vornehmen.
       
 (DIR) Verfassungsgericht zu ESM: Eine Frage des Risikos
       
       Das Bundesverfassungsgericht entscheidet über Eilanträge gegen den
       Eurorettungsschirm. Kritiker sagen, es gehe um die Souveränität
       Deutschlands.
       
 (DIR) Jurist über ESM-Klage: „Es käme zu Panikreaktionen“
       
       Der Verfassungsrechtler Franz Mayer über die Klage gegen den
       Eurorettungsschirm, das Bugdetrecht des Bundestags und Phantomdiskussionen.
       
 (DIR) Verfassungsgericht zum ESM: Da war doch was
       
       Am Mittwoch entscheidet das Bundesverfassungsgericht über den
       Euro-Rettungschirm ESM. Um was geht es da nochmal?