# taz.de -- Kommentar ESM-Entscheidung: Ende der Deutschtümelei
       
       > Es gibt drei Gründe, die das Scheitern der Euroskeptiker am Mittwoch vor
       > dem BverfG besiegeln. Allenfalls kosmetische Korrekturen werden die
       > Richter vornehmen.
       
       Es ist eine sichere Wette: Die Euroskeptiker werden am Mittwoch vor dem
       Bundesverfassungsgericht scheitern. Denn es gibt drei politische Gründe,
       warum die Richter den Rettungsschirm ESM absegnen müssen und allenfalls
       kosmetische Korrekturen vornehmen können.
       
       Erstens: Es ist eine schlichte Frage der Demokratie. Der Rettungsschirm
       wurde mit einer sehr breiten Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat
       beschlossen. Selbst die rot-grüne Opposition hat zugestimmt. All diese
       Politiker sind gewählt – während die Verfassungsrichter nur ernannt sind.
       Diese Diskrepanz gehört zwar zum Wesen des Verfassungsgerichts, aber die
       acht Richter müssen genau überlegen, wann sie sich über den Willen von
       Hunderten gewählten Volksvertretern hinwegsetzen. Die Konstruktion des ESM
       gibt eine solche Eigenmächtigkeit nicht her.
       
       Zweitens: Falls das Verfassungsgericht den ESM stoppt, bricht der Euro
       auseinander. Denn die Botschaft wäre, dass Deutschland nicht für die
       anderen Länder haften darf. Ohne gemeinsame Haftung kann es keine
       gemeinsame Währung geben. Ein Euro-Crash wäre für Deutschland und Europa
       jedoch so teuer, dass das Bundesverfassungsgericht seine Legitimität
       verlieren würde. Denn nach einem Crash käme sofort die Frage auf, wie sich
       acht Richter anmaßen können, einen Billionen-Schaden anzurichten.
       
       Drittens: Auch die Außenwirkung wäre katastrophal, falls die Richter den
       ESM stoppen. Europaweit gilt das Bundesverfassungsgericht schon jetzt als
       ein Hort nationaler Deutschtümelei, nachdem es recht seltsame
       Entscheidungen zum Lissabon-Vertrag getroffen hat. Die Richter dürften
       keine Lust haben, erneut mit dem Vorwurf konfrontiert zu werden, dass sie
       nicht über den Karlsruher Tellerrand hinausblicken – und sich vor allem
       selbst wichtig machen.
       
       Es ist also klassische Dialektik: Wenn die Verfassungsrichter bedeutsam
       bleiben wollen, müssen sie sich beim ESM zurückhalten.
       
       10 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
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