# taz.de -- Flughafen: Geldsegen wie im Märchen
       
       > Wowereit ist Hans im Glück: 444 Millionen Euro Zusatzkosten für den BER
       > in Schönefeld sollen aus unerwarteten Steuereinnahmen und "sonstigen
       > zusätzlichen Einnahmen" kommen. Opposition misstrauisch.
       
 (IMG) Bild: Märchenhaftes Glück: Wie in "Die Sterntaler" geht über dem Land Berlin ein unerwarteter Geldsegen nieder, der den nötigen 444-Millionen-Zuschuss zum Flughafen decken soll
       
       Berlin muss weder Gehälter kürzen noch Projekte streichen oder Büchereien
       dichtmachen, um 444 zusätzliche Millionen Euro in den Großflughafen
       Schönefeld zu buttern. Nicht einkalkulierte höhere Steuereinnahmen und
       niedrigere Zinszahlungen, die so unverhofft kommen wie ein plötzlicher
       Geldfund auf dem Dachboden, sollen den Flughafen retten. Das sieht eine
       Neufassung des erst im Juni beschlossenen Landeshaushalts vor, die der
       Senat am Dienstag beschlossen hat. Das letzte Wort dazu hat das
       Abgeordnetenhaus, das Donnerstag zum nächsten Mal tagt. Dann steht auch
       eine Regierungserklärung von Klaus Wowereit (SPD) an.
       
       Der mehrfach verschobene Eröffnungstermin, höhere Kosten für den
       Schallschutz und weitere Bauarbeiten hatten die Kosten für den Flughafen um
       1,2 Milliarden erhöht. Da Berlin wie Brandenburg mit 37 Prozent am Projekt
       beteiligt ist, entfallen auf beide je 444 Millionen Euro. Den Rest, rund
       300 Millionen, muss der Bund zahlen, dem 25 Prozent gehören.
       
       Laut Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) kommt das Geld folgendermaßen
       zusammen: Bis Jahresende wird Berlin mindestens 250 Millionen Euro mehr
       Steuern erhalten als geplant. 85 Millionen spart das Land zudem ein, weil
       es wegen niedriger Zinsen weniger Geld für seine Milliardenschulden zahlen
       muss. 109 Millionen sollen aus sonstigen zusätzlichen Einnahmen kommen,
       darunter eine 40-Millionen-Geldbuße eines Steuersünders.
       
       Dieses Geld wäre ohne Flughafen-Probleme nicht etwa in Kitas geflossen oder
       in Schlaglochreparaturen – es hätte dazu gedient, das Haushaltsdefizit zu
       verringern. Das Land hätte dann in diesem Jahr nicht 915 Millionen Euro
       neue Schulden gemacht, sondern eben 444 Millionen Euro weniger. Das hätte
       Berlin beim gegenwärtigen Zinssatz rund neun Millionen Euro im Jahr
       gespart. Auf dieses Vorgehen, die sogenannte Haushaltssanierung, haben sich
       SPD und CDU in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt. Hintergrund ist, dass
       die Zinsen für die jetzt schon 64 Milliarden Euro hohen Schulden im
       Haushalt immer weniger Spielraum lassen – jeder neunte Euro geht dafür
       drauf.
       
       Laut Nußbaum waren die höher ausfallenden Steuererträge nicht absehbar, als
       seine Verwaltung den Haushaltsplan im Frühjahr zusammenstellte. Die
       Einnahmen seien ab Juni deutlich nach oben gegangen.
       
       Die Opposition misstraut dieser Wundertüte, die Nußbaum am Dienstag
       vorstellte. Nach Meinung von Linken-Fraktionschef Udo Wolf stehen unterm
       Strich nicht 444, sondern maximal 128 Millionen Euro zur Verfügung.
       „Nußbaums Rechnung haut nicht hin“, sagte Wolf. Entweder habe er bei einem
       Bericht zur Finanzlage vor sechs Wochen die Unwahrheit gesagt, „oder er
       trickst schon wieder.“
       
       Auch für Piraten-Finanzpolitiker Heiko Herberg ist es „völlig unklar, woher
       die Mehreinahmen genau gekommen sein sollen“. Der Senat solle sich nun bloß
       nicht dafür feiern, den Flughafen-Nachschlag ohne neue Kredite zu schaffen,
       denn die höheren Steuereinnahmen seien nicht sein Verdienst.
       
       Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop schließlich zieht einen Vergleich zur am
       Dienstag entlassenen Ex-Wirtschaftssenatorin Sibylle von Obernitz: Wie
       könne es sein, dass die wegen einer fehlerhaften, 15.000 Euro teuren
       Anzeige gehen musste – aber der Regierende Bürgermeister für sein Versagen
       444 Millionen bedingungslos genehmigt bekomme? „Die Fraktionen von SPD und
       CDU müssen sich fragen, ob sie Klaus Wowereit diesen Blankoscheck
       ausstellen wollen.“
       
       11 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
 (DIR) Stefan Alberti
       
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