# taz.de -- Proteste in Barcelona: Separatisten machen mobil
       
       > Über eine Million Menschen demonstrieren in Barcelona für die
       > Unabhängigkeit von Spanien. Aktueller Anlass sind die unmittelbaren
       > Folgen der Eurokrise.
       
 (IMG) Bild: In traditioneller Tracht für die Unabhängigkeit Kataloniens: Demonstrantin in Barcelona.
       
       MADRID taz | Spaniens Finanzkrise beflügelt die Separatisten. Am
       Dienstagabend feierte eine nie gesehene Menschenmenge den Nationalfeiertag
       Kataloniens in der Hauptstadt der Region, Barcelona.
       
       Unter dem Motto „Katalonien, ein neuer Staat in Europa“ forderten sie die
       Loslösung von Spanien. 600.000 kamen nach Angaben der Madrider
       Zentralregierung zusammen. 1,5 Millionen zählten die Stadtpolizei
       Barcelonas und die Veranstalter.
       
       Ein Bündnis verschiedener Parteien und Organisationen unter dem Namen
       Katalanische Nationalversammlung (ANC) sprach gar von zwei Millionen. Die
       Menschen, die aus ganz Katalonien angereist waren, zogen mit ihren
       gelb-roten Fahnen vor das katalanische Autonomieparlament.
       
       ## Minister marschieren mit
       
       Unter den Teilnehmern befanden sich neun der elf Minister der katalanischen
       Autonomieregierung von Ministerpräsident Artur Mas und seiner gemäßigt,
       nationalistischen Convergència i Unió (CiU). Mas selbst kam nicht zur
       Demonstration, ließ aber in einem Interview mit der britischen BBC keinen
       Zweifel daran, dass er das Motto unterstützt.
       
       „Wenn es kein Abkommen über die Steuerpolitik gibt, wird sich der Weg zur
       Unabhängigkeit öffnen“, erklärte er. 34,1 Prozent der Katalanen wollen laut
       einer Umfrage der katalanischen Tageszeitung El Periódico vom Wochenende
       Madrid sofort den Rücken kehren. In Mas Partei CiU sind es gar 47,3
       Prozent.
       
       Die von Mas betriebene Vermischung von Steuerpolitik und dem Ruf nach
       Unabhängigkeit kommt nicht von ungefähr. Katalonien ist hochverschuldet und
       stellte vor wenigen Wochen einen Antrag auf über 5 Milliarden Euro
       Finanzhilfe aus dem nationalen Rettungsfonds. Um das Geld zu erhalten, muss
       sich die Autonomieregierung in Barcelona vom Madrider Finanzministerium in
       die Bücher schauen lassen.
       
       ## Steuern sollen in Katalonien bleiben
       
       Mas und viele Katalanen sehen darin eine Einschränkung der Autonomie der
       Region. Um den Haushalt auszugleichen, fordert Mas ein neues System für die
       regionale Umverteilung der Steuereinnahmen. Katalonien ist beim
       Steueraufkommen die Nummer 3 unter den spanischen Regionen. Bei dem, was
       die Autonomie pro Einwohner aus Madrid zurückbekommt, liegt Katalonien nur
       auf dem 8. Platz.
       
       Mas will ein Steuersystem, in dem die Einnahmen in Katalonien bleiben und
       danach Abgaben an die Zentralregierung ausgehandelt werden. „Sie müssen
       hören, was die Menschen fordern, was die Menschen wollen und fühlen“,
       erklärt Mas, der am Donnerstag kommender Woche nach Madrid reisen wird, um
       die Finanzhilfe und die Modalitäten zu verhandeln. 2013 läuft zudem das
       aktuelle Steuersystem aus.
       
       ## Abtrennung nicht vorgesehen
       
       Katalonien ist nicht die einzige Region, die mehr abführt, als sie
       zurückbekommt. Die Autonomie rund um die Hauptstadt Madrid ist bei den
       Steuereinnahmen Nummer 1 und bei den Bezügen nur Nummer 10, die
       Balearischen Inseln sind Nummer 2 und Nummer 9. Gleichzeitig erhalten
       wirtschaftsschwache Regionen mehr Geld zurück, als sie nach Madrid
       abführen.
       
       Als „Stimmengewirr, Durcheinander und Streitereien“ tat Rajoy die
       Forderungen aus Katalonien vor dem Nationalfeiertag ab. Nach der
       Demonstration wurde er vorsichtiger und forderte Mas zur „Besonnenheit¡“
       auf. „Katalonien hat schwere Probleme, 700.000 Arbeitslose, ein
       Haushaltsdefizit, die Verschuldung, wir versuchen zu helfen. […] Wenn es
       einen Moment gibt, in dem die Kooperation wichtig ist, dann jetzt“, fügte
       er hinzu.
       
       Aus Brüssel kommt eine Warnung. „Die Abtrennung einer Region eines
       Mitgliedsstaates ist im EU-Vertrag nicht vorgesehen“, erklärte der Sprecher
       der EU-Kommission, Olivier Bailly. Sollte sich Katalonien für unabhängig
       erklären, müsse es einen Aufnahmeantrag stellen. Nach einer Prüfung müssen
       alle Mitglieder zustimmen - auch Spanien.
       
       12 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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