# taz.de -- Kommentar Katalonien: Alles wegen ein paar Millionen
       
       > In Katalonien wächst der Wunsch nach Unabhängigkeit von Spanien. Doch
       > Autonomiepräsident Mas kann die Auseinandersetzung kaum gewinnen.
       
       Es begann mit dem Wunsch nach einem neuen Steuersystem und endet mit dem
       Ruf nach Unabhängigkeit. Der Präsident der Autonomieregierung Kataloniens,
       Artur Mas, kündigte am Dienstag Neuwahlen an, nachdem er vergangenen Woche
       in Madrid eine Abfuhr erhielt.
       
       Die Wahlen sollen, so verspricht Mas, den Weg zu „Selbstbestimmung“, –
       sprich: einem Referendum über die Unabhängigkeit des spanischen Nordostens
       – öffnen. Sobald er „die nationalen Ziele Kataloniens“ erreicht habe, wolle
       er nicht wieder zu den Wahlen antreten.
       
       Aus einem grauen Politiker wurde ein Volksheld. Angesichts der großen
       Demonstration für die Unabhängigkeit am diesjährigen Nationalfeiertag
       Kataloniens, zog Mas strotzend vor Selbstbewusstsein nach Madrid und
       verlangte, ähnlich wie das Baskenland, alle Steuern selbst eintreiben zu
       wollen, um dann den Teil mit Madrid auszuhandeln, der für die
       „Dienstleistungen“ des Zentralstaates zu bezahlen ist. Der konservative
       Ministerpräsident Mariano Rajoy sagte „No“. Die Kassen sind überall leer.
       Mitten in der Krise scheint ihm kein guter Moment zu sein, um Steuersysteme
       von Grund auf zu reformieren.
       
       Mas fuhr empört nach Barcelona zurück, wo er jubelnd mit
       Unabhängigkeitsrufen empfangen wurde. Von da an wurde die Drohgebärde zum
       Selbstläufer. Was anfänglich wohl eher ein Kokettieren mit dem Separatismus
       war, um sein Gegenüber in Madrid zu beeindrucken, wird jetzt angesichts der
       vorgezogenen Neuwahlen zum einzigen Programmpunkt. Dies kommt Mas und
       seinen Mitte-Rechts-Nationalisten von der CiU ganz gelegen. Ohne
       nationalistische Gefühle zu schüren, wären sie in der Wählergunst wohl tief
       gesunken.
       
       Katalonien ist pleite und hat Finanzhilfe in Höhe von fünf Milliarden Euro
       in Madrid beantragen müssen. Mas setzte überall die Schere an: im
       Gesundheitsbereich, der Bildung, bei den Sozialausgaben. Er geht damit mit
       der gleichen Brutalität und mit der gleichen sozialen Ungerechtigkeit vor
       wie die in Madrid regierende Volkspartei (PP) Rajoys.
       
       Der neue Kurs dürfte an den Wahlurnen gut ankommen. Doch nicht alle bei CiU
       sind begeistert von dem Gedanken an ein unabhängiges Katalonien. Und auch
       die katalanischen Unternehmer warnen vor Experimenten. Denn ein
       unabhängiges Katalonien wäre nicht automatisch in der EU, die katalanische
       Wirtschaft damit von ihren Hauptmärkten Spanien und Europa abgeschnitten.
       Mas verheddert sich immer mehr in einem Gestrüpp widersprüchlicher
       Interessen. Das Problem ist nur, dass er aus der einmal begonnenen
       Auseinandersetzung nur schwer wieder herauskommt.
       
       26 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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