# taz.de -- In Guantánamo gestorben: Das Ende endloser Gefangenschaft
       
       > Der Jemenit Adnan Latif sollte schon seit 2006 freigelassen werden. Am
       > vergangenen Wochenende ist er in Guantánamo gestorben.
       
 (IMG) Bild: Gefangenschaft ohne Ende: Häftlinge in Guantánamo.
       
       BERLIN taz | Das US-Militär hat am Dienstag den Mann identifiziert, der am
       vergangenen Samstag als insgesamt neunter Insasse des Gefangenenlagers von
       Guantánamo gestorben ist.
       
       Es handelt sich um Adnan Farhan Abdul Latif, einen jemenitischen
       Staatsbürger, der Ende 2001 in Pakistan gefangen genommen und Anfang 2002
       als einer der ersten Gefangenen nach Guantánamo gebracht worden war.
       
       Noch ist die Todesursache des 1975 geborenen Mannes nicht bekannt, sicher
       aber ist: Er litt massiv unter der Haft, zeigte seit Langem extrem
       auffälliges Verhalten, wurde mehrfach als suizidgefährdet eingestuft, hatte
       sich bereits öfter selbst verletzt. Und: Seit 2006 empfahl das US-Militär
       seine Freilassung.
       
       Dennoch blieb er in Guantánamo. Die US-Regierung gestattet keinem der
       jemenitischen Guantánamo-Häftlinge die Ausreise in ihr Heimatland – mit der
       Begründung, das Land sei instabil und sie könnten sich dort al-Qaida
       anschließen. Andere Aufnahmeländer gibt es nicht. So bleiben sie im
       US-Stützpunkt auf Kuba, ohne jede Perspektive auf Freilassung. Mehr als die
       Hälfte der noch 167 Insassen sind Jemeniten.
       
       ## Umstrittener Haftgrund
       
       Die Umstände, unter denen Latif in die Fänge des pakistanischen
       Geheimdienstes geriet und dann an die US-Amerikaner übergeben wurde, sind
       nach wie vor umstritten.
       
       Während ein US-Geheimdienstbericht von damals davon ausging, Latif habe in
       den Reihen von al-Qaida unter anderem an der Schlacht von Tora-Bora
       teilgenommen, sagte Latif selbst stets, er sei nach Afghanistan gereist,
       weil ihm eine Hilfsorganisation geholfen habe, dort eine medizinische
       Behandlung für eine alte, aus einem Verkehrsunfall herrührende
       Kopfverletzung von 1994 zu erhalten. Die Person, die Latif als Mitarbeiter
       einer Hilfsorganisation beschreibt, gilt den US-Behörden allerdings als
       bekannter Al-Qaida-Rekrutierer.
       
       Gleichwohl fanden auch die USA keinerlei konkrete Beweise gegen Latif, um
       ihn in Guantánamo vor ein Militärtribunal zu stellen. Seit der Oberste
       Gerichtshof entschieden hatte, dass auch Guantánamo-Häftlinge die
       Rechtmäßigkeit ihrer Gefangennahme vor einem US-Gericht überprüfen lassen
       dürfen, war Latif mit seinem Pflichtverteidiger David Remes diesen Weg
       gegangen.
       
       Dem Center for Constitutional Rights (CCR), dessen Anwälte zahlreiche
       Guantánamo-Verfahren betreuen, galt Latif als „das Gesicht der
       unbefristeten Gefangenschaft“. Zu Latifs Tod erklärt das CCR: „Adnan Latif
       war keiner Verfehlung schuldig, die seine Gefangenschaft gerechtfertigt
       hätte. […] Er wurde nicht wegen seines Verhaltens unbefristet und
       schließlich bis an sein Lebensende festgehalten, sondern weil er
       jemenitischer Staatsbürger war.“
       
       Tatsächlich hatte die Obama-Regierung die Freilassung aktiv verhindert.
       2010 hatte ein Bezirksgericht Latifs Haftprüfungsklage positiv beschieden,
       die Regierung hatte daraufhin die höheren Instanzen angerufen, die in
       umstrittenen, knappen Mehrheitsentscheidungen der Regierungsposition
       folgten. „Jede Hoffnung war aus ihm gewichen“, sagte Anwalte Remes am
       Dienstag, „er fühlte, dass seine Seele abstarb, dass er die Bedingungen
       einfach nicht mehr ertragen konnte.“
       
       12 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Pickert
       
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