# taz.de -- Legalisierung von Beschneidung: Erstmal reden
       
       > Kinderschützer sind gegen eine Legalisierung von Beschneidungen in den
       > nächsten zwei Jahren. Erst soll ein runder Tisch tagen.
       
 (IMG) Bild: 1. Buch Moses, Kapitel 17 und das Werkzeug eines Mohels, eines jüdischen Beschneiders.
       
       BERLIN taz | Mehrere Kinderschutz-Organisationen warnen die Politik davor,
       voreilig ein Gesetz zur religiösen Beschneidung von Jungen zu beschließen.
       Vorausgehen müsse eine sachliche Debatte an einem runden Tisch mit
       Religionsvertretern und Sachverständigen, sagte der Vorsitzende der
       Deutschen Kinderhilfe, Georg Ehrmann, am Mittwoch.
       
       Im Mittelpunkt müsse das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit
       stehen. „Wir fordern kein explizites Beschneidungsverbot, es geht eher
       darum, langfristig ein schwieriges Problem zu lösen.“
       
       Der Bundestag hatte die Bundesregierung im Juli per Resolution
       aufgefordert, ein Gesetz vorzulegen, das die rituelle Beschneidung von
       Jungen grundsätzlich straffrei stellt. Zuvor hatte das Kölner Landgericht
       die Beschneidung aus religiösen Gründen in einem Ende Juni veröffentlichten
       Urteil als Körperverletzung bewertet. Seither herrscht Rechtsunsicherheit
       unter Juden und Muslimen.
       
       Ende Juli hatte die Kinderhilfe mit anderen Verbänden wie dem Berufsverband
       der Kinder- und Jugendärzte beim Bundestag eine Petition eingereicht, damit
       in den nächsten zwei Jahren kein Beschneidungsgesetz beschlossen wird.
       Bisher wurde das Papier noch nicht offiziell angenommen, sagt Ehremann.
       
       „Wir müssen öffentlich die Frage diskutieren, ob die Rechte des Kindes oder
       die der Eltern im Vordergrund stehen“, sagt Ulrich Fegeler, Sprecher des
       Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Er verwies auf die „ärztliche
       Verpflichtung, niemandem zu schaden“. Die Vorhaut sei nicht einfach ein
       „unnützes Stück Gewebe“, sondern ein Organ mit einer den Lippen oder
       Fingerspitzen vergleichbaren Empfindlichkeit.
       
       Drastische Worte wählte der Israeli Eran Sadeh, Gründer der internationale
       Kinderschutzorganisation Protect the Child: Beschneidung sei eine
       Beschönigung für „gewaltsame Amputation eines gesunden Körperteils eines
       hilflosen Kindes“. Das Leiden der Juden im Holocaust dürfe keine Begründung
       dafür sein, die Debatte über die Beschneidung zu unterdrücken. Beschneidung
       sollte Sadehs Ansicht nach auf ein Alter verschoben werden, in dem ein
       junger Mann selbst darüber entscheiden kann. Dies sei eine lediglich
       zeitlich beschränkte Einschränkung der Religionsfreiheit.
       
       13 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Elisabeth Gamperl
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Lob für Gesetzentwurf zur Beschneidung: „Der Staat muss neutral bleiben“
       
       Wolfram Höfling, Mitglied des Deutschen Ethikrates, lobt den
       Regierungsvorschlag zur Beschneidung. Das Gesetz soll am 10. Oktober durchs
       Kabinett.
       
 (DIR) Rechtslage von Beschneidungen: Juden und Muslime loben Justizministerin
       
       Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will nicht, dass die Beschneidung von
       Jungen strafbar ist. Die Zentralräte von Juden und Muslimen sind zufrieden.
       
 (DIR) Gesetzentwurf des Justizministeriums: Es darf beschnitten werden
       
       Die Regierung will medizinisch fachgerechte Beschneidungen erlauben. Der
       Zentralrat der Juden zollt „Respekt und Anerkennung“.
       
 (DIR) Beschneidung mit 18: Im Bett mit und ohne
       
       In der Vorhautdebatte kam eine Frage zu kurz: Ändert sich der Sex, wenn sie
       weg ist? Leider ja. Ein Erfahrungsbericht.
       
 (DIR) Rabbinerordination in Köln: „Versprochen ist versprochen“
       
       Bei der ersten Rabbinerordniation in Köln seit dem Holocaust warnten viele
       vor Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Auch Beschneidung wurde
       thematisiert.
       
 (DIR) Demo von Juden und Muslimen: Gemeinsam für Beschneidung
       
       In Berlin demonstrieren Juden und Muslime für das Recht auf freie
       Religionsausübung. Auch Wolfgang Thierse (SPD) solidarisiert sich.
       
 (DIR) Kommentar Beschneidung: Alarmzeichen für die Demokratie
       
       300 Juden und einige Muslime demonstrieren im Zentrum Berlins gegen ein
       Verbot der Beschneidung. Wann hat es so etwas schon mal gegeben?
       
 (DIR) Streitgespräch zur Beschneidung: Trauma oder Recht auf Identität?
       
       Sergey Lagodinsky, Jude aus der Ex-Sowjetunion, und Raju Sharma,
       Konfessionsloser mit indisch-deutschem Hintergrund, diskutieren über
       Beschneidung.
       
 (DIR) Kommentar zur Beschneidungsregelung: Heilmanns klare Ansage
       
       Raus aus der Grauzone: Mit der neuen Regelung für religiöse Beschneidungen
       wissen Eltern in Berlin genau, woran sie sind.
       
 (DIR) Religion: Schnippeln nicht strafbar
       
       Wenn sie steril und möglichst schmerzfrei durchgeführt wird, ist
       Beschneidung in Berlin vorerst erlaubt. Bundestagsvizepräsident Thierse
       kritisiert dies scharf.