# taz.de -- Literaturfestival (9): Tendenz zum Unendlichen
       
       > Toll und fast wie in den 80ern: Thomas Kapielski und Frieder Butzmann
       > machen beim Literaturfestival bewundernswert komische Sachen.
       
 (IMG) Bild: Arbeiteten originell zusammen: Musiker Frieder Butzmann (l.) und Schriftsteller Thomas Kapielski
       
       Die Hälfte der 15 Bücher, die der gebürtige Charlottenburger Thomas
       Kapielski bislang veröffentlichte, ist sehr gut und seine Auftritte sind
       immer toll. Sein neues Buch heißt „Neue sezessionistische
       Heizkörperverkleidungen“ (Suhrkamp), enthält neben vielen Texten auch viele
       Fotos und wurde mit dem „Husumer Ochsenband-Orden“ ausgezeichnet.
       
       Dass Kapielski an diesem Abend im Festspielhaus in der Schaperstraße
       zusammen mit dem Geräuschesammler, Toninstallateur, Pionier der deutschen
       Industrialmusik und Tendenzdadaisten Frieder Butzmann auftritt, beamt mich
       ein bisschen nach ganz früher, weil ich die beiden einmal in den 80er
       Jahren im Vorprogramm der Einstürzenden Neubauten im Tempodrom gesehen
       habe.
       
       Seltsam nun ist die Alterslosigkeit, die die beiden kräftigen Männer um die
       sechzig auf der Seitenbühne der ehemaligen Volksbühne-West ausstrahlen. Und
       weil sie von weitem so aussehen, wie sie immer ausgesehen hatten, geben sie
       einem das Gefühl einer gewissen Behaustheit im Unbehausten.
       
       Frieder Butzmann sitzt an seinem Laptop, wirft Schwarz-Weiß-Bilder an die
       riesige Leinwand, macht bewundernswert komische Sachen mit seiner Stimme,
       singt und spricht das schöne Lied „Help“ von den Beatles in drei
       verschiedenen Versionen. Dazu gibt es noch ein Video, in dem Butzmann auf
       dem Boden herumkraucht, und später ein anderes, indem er keuchend viele
       Runden um einen Flügel herumrennt und am Ende schließlich eine Schallplatte
       auf die Saiten wirft.
       
       Kapielski liest so komisch mäandernd mit Tendenz zum Unendlichen in seiner
       barocken Art, von hellblau gekleideten Rauchern, stärkendem Bier, von
       Menschen, die den falschen Götzen der Mülltrennung und des Energiesparens
       huldigen – wo es doch in dürftiger Zeit darum gehen müsste, sich im Sinne
       des Verschwendungstheoretikers Georges Bataille dem Überfluss zu widmen.
       Dass Kapielski ein feiner Mensch ist, sagt er diesmal nicht, aber es ist
       so. Der Mensch ist dazu da, Alltagsdinge und andere Menschen anzuschauen.
       Manchmal lacht sich ein Zuschauer halbtot, auch wenn die Komik der
       Kapielski-Texte mit den Jahren eher feinsinniger geworden ist.
       
       Am Ende, als Zugabe, nach wenig mehr als einer Stunde, singen die beiden
       ihren alten Hit „Graue Schweine“; kurz versucht Frieder Butzmann, das
       Publikum zum Mitsingen zu animieren. Das Publikum will nicht. Das ist aber
       auch nicht weiter schlimm.
       
       12 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Detlef Kuhlbrodt
       
       ## TAGS
       
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 (DIR) deutsche Literatur
       
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