# taz.de -- Deutsche Entwicklungshilfe: Weniger Demokratie wagen
       
       > Die Bundesregierung will ihre Arbeit bei Auslandseinsätzen künftig besser
       > koordinieren. Demokratieexport soll weniger wichtig werden.
       
 (IMG) Bild: Schadensfall Afghanistan: Entwicklungsminister Niebel (FDP) sorgt sich um fragile Staaten.
       
       BERLIN taz | Beim Afghanistaneinsatz hat Deutschland eine Lektion gelernt.
       „Afghanistan ist der Schadensfall, nicht das Paradebeispiel“
       internationalen Engagements, erklärte Entwicklungsminister Niebel (FDP) am
       Mittwoch in Berlin. Gemeinsam mit Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und
       Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) stellte er neue Leitlinien
       zur „Politik gegenüber fragilen Staaten“ vor, die zuvor vom Kabinett
       beschlossen worden waren. Damit soll künftig vermieden werden, was in
       Afghanistan schiefgelaufen ist.
       
       So hatte sich die Bundesrepublik 2002 gegenüber Nato und Afghanistan unter
       anderem dafür zuständig erklärt, eine anständige Polizei in Afghanistan
       aufzubauen. Hunderte von Ausbildern und Millionensummen sollten
       bereitgestellt werden, um Afghanen dazu auszubilden, für Sicherheit und
       Ordnung zu sorgen.
       
       Doch es geschah kaum etwas. Es fehlte ein gemeinsames Konzept von Außen-
       und Entwicklungsministerium sowie den Innenministerien der Länder, die für
       die Auslandseinsätze ihrer Polizisten verantwortlich waren. Schließlich
       schob Deutschland die Mission großteils an die EU ab.
       
       Mit der Verantwortungslosigkeit soll nun Schluss sein. Kernpunkt des
       vorgestellten Strategiepapiers ist die Vernetzung verschiedener
       Ministerien. Nur die Kombination unterschiedlicher Politikbereiche könne
       Krisenländer langfristig stabilisieren, betonte Westerwelle.
       
       ## Machtstrukturen stärker berücksichtigen
       
       Dabei handele es sich nicht um eine inhaltliche Neuausrichtung der
       deutschen Außenpolitik, sondern um „praktisches Handlungswerkzeug“. Bei
       Krisen soll nun eine „ressortübergreifende Task Force“ aus verschiedenen
       Ministerien eingerichtet werden, wie sie 2010 bereits im Falle Sudans
       gebildet worden war.
       
       Gleichzeitig will die Bundesregierung bei Auslandseinsätzen künftig weniger
       auf Demokratieförderung setzten. Es gehe nicht um den „Export unseres
       Demokratiesystems“, sagte de Maizière. Aus Einsätzen wie in Afghanistan
       habe man gelernt, bescheiden und realistisch zu sein.
       
       Stattdessen sollen einheimische Traditionen und Machtstrukturen stärker
       berücksichtigt werden. In den Leitlinien heißt es: Ein politisches System
       könne nur dann stabil sein, „wenn es auf lokalen Legitimitätsvorstellungen
       beruht“. Daher gelte es, an Traditionen und Institutionen vor Ort
       anzuknüpfen, „auch wenn diese nicht in vollem Umfang denen liberaler
       Demokratien entsprechen“. Demokratieförderung hatte in der deutschen
       Außenpolitik seit den 90er Jahren Konjunktur. Ein Argument dabei: Von
       Demokratien gingen weniger Gefahren für die internationale Sicherheit aus.
       
       Hintergrund des neuen Strategiepapiers ist laut Westerwelle die wachsende
       Gefahr durch fragile Staaten, also Länder, in denen zentrale staatliche
       Funktionen nicht erfüllt werden. Entwicklungsminister Niebel erklärte, er
       betrachte vor allem den „Gürtel der Fragilität“ mit Sorge, der sich vom
       westafrikanischen Guinea-Bissau über Mali und die gesamte Sahelzone
       erstrecke.
       
       19 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Hagmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Niebel
 (DIR) Entwicklungszusammenarbeit
       
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