# taz.de -- Waffenembargo gegen China: „Wir sind einig, dass wir uneinig sind“
       
       > Die EU hat auf ihrem China-Gipfel viele freundliche Worte für
       > Regierungschef Wen Jiabao. Streitpunkte bleiben aber Menschenrechte und
       > Waffenembargo.
       
 (IMG) Bild: Grinsebacken unter sich: Wen (l.), Van Rompuy (M.) und Barroso.
       
       BRÜSSEL dpa/afp | Chinas Regierungschef Wen Jiabao hat zu Beginn eines
       Gipfeltreffens mit der EU deren Waffenembargo gegen sein Land kritisiert.
       Zugleich forderte Wen am Donnerstag in Brüssel Fortschritte bei der
       Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft. „Wir haben zehn Jahre lang hart
       daran gearbeitet, aber eine Lösung war nicht zu erreichen. Ich bedaure das
       zutiefst“, sagte er.
       
       Bei seinen folgenden Worten brach die vom EU-Fernsehen verantwortete
       Fernsehübertragung der Eröffnungsworte plötzlich ab. Zu verstehen war
       lediglich noch: „Ich hoffe, dass die EU-Seite die Gelegenheit nutzt und
       bald eine größere Initiative zur Beseitigung von...“
       
       Ein Sprecher des EU-Ministerrates sagte, die Übertragung von Wens
       Äußerungen sei abgebrochen worden, weil die chinesische Delegation
       signalisiert habe, dass dessen Bemerkungen nicht mehr Teil der öffentlichen
       Auftakt-Erklärung seien. Journalisten waren zum Gipfel nicht zugelassen.
       Auch eine Pressekonferenz gab es nicht. Die EU-Kommission hatte Reporter
       auf die Übertragung der Reden verwiesen.
       
       Das Verbot von Waffenexporten aus Europa nach China war nach dem Massaker
       auf dem Tiananmen-Platz in Peking 1989 eingeführt worden. Die EU hat nach
       Diplomatenangaben vom Mittwoch bislang nicht die Intention, das Embargo
       aufzuheben: „Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind“, sagte der
       Diplomat über die Meinungsverschiedenheit mit China. Allerdings ist das
       Embargo innerhalb der EU nicht unumstritten. China drängt auch auf die
       Anerkennung als Marktwirtschaft durch die EU, weil dies Peking vor
       Anti-Dumping-Verfahren schützen würde.
       
       Zu Beginn des Gipfels hatte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy die Rolle
       des aus dem Amt scheidenden Wen bei der Verbesserung des Verhältnisses
       zwischen der EU und China in den vergangenen zehn Jahren gewürdigt. „Ihre
       Rolle war entscheidend dafür, dass wir da sind, wo wir jetzt sind“, sagte
       er.
       
       ## Wechselseitige Abhängigkeit
       
       Die EU und China seien sich stärker denn je ihrer wechselseitigen
       Abhängigkeit bewusst. Der Handel zwischen beiden Seiten wuchs in zehn
       Jahren um 280 Prozent. China ist der zweitgrößte Handelspartner der EU,
       knapp hinter den USA. Für China ist die EU der größte Exportkunde.
       
       EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte, die „strategische
       Partnerschaft“ mit China beruhe auf „wechselseitigem Respekt,
       wechselseitigem Nutzen und Freundschaft“. „Im Geiste dieser Freundschaft
       können wir über alle Themen sprechen - jene, über die wir uns einig sind,
       und über jene, wo wir nicht immer einig sind.“ Ein Dissens besteht vor
       allem in Menschenrechtsfragen. Die EU kritisiert das Vorgehen Chinas in
       Tibet und die Verfolgung von Oppositionellen.
       
       Auch Wen räumte „wegen unserer unterschiedlichen Kultur, Geschichte und
       Sozialsysteme“ Meinungsunterschiede ein. Es sei dennoch möglich, „den
       Dialog fortzusetzen, Unterschiede zu überwinden und gemeinsame Interessen
       zu wahren“. Er forderte die EU zu „gemeinsamem Nachdenken über die künftige
       internationale Landschaft“ auf. Beide Seiten sollten „umfassende
       strategische Partner füreinander im wirklichen Sinne werden“.
       
       20 Sep 2012
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Tibet
 (DIR) Deflation
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Neue Führung in China: Leise Hoffnung für Tibet
       
       Trotz der hohen Zahl an Selbstverbrennungen hegen Tibet-Aktivisten
       „vorsichtigen Optimismus“. In die Kritik ist indes der Daimler-Konzern
       geraten.
       
 (DIR) Rückläufiges Wachstum: Chinas Wirtschaft schwächelt
       
       Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt wächst so langsam wie seit drei
       Jahren nicht. Selbst eine Deflation scheint in China nicht mehr
       ausgeschlossen.
       
 (DIR) Deutsch-chinesisches Gesprächsforum: Verlassen Sie nicht den Tisch!
       
       Deutsche und chinesische Intellektuelle diskutieren ganz friedlich über
       Menschenrechte, Kapitalismus und Übersetzbarkeit. Naja, nicht ganz
       friedlich.
       
 (DIR) Chinesisch-japanischer Inselstreit: Zoff um ein paar Felsbrocken
       
       Japan und China streiten um eine kleine Inselgruppe nahe Taiwan. Worum geht
       es dabei und warum sind die unbewohnten Felsinseln so wichtig?
       
 (DIR) Größte Proteste in Peking seit 1989: Chinesen im nationalen Inselkoller
       
       Peking erlebt die größten Demonstration seit Niederschlagung der
       Demokratiebewegung. Es geht um verhasste Japaner und die Besitzrechte an
       fünf Inselchen.
       
 (DIR) Chinas „Super-Bulle“ droht Haft: Mord, Korruption und Intrigen
       
       Nach nur zwei Verhandlungstagen hinter verschlossenen Türen ging der
       Prozess gegen den ehemaligen Polizeichef Wang Lijun zu Ende. Das Urteil
       wird erst später verkündet.
       
 (DIR) Infrastrukturprojekte in China: Regierung zahlt zu
       
       Das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich für chinesische Verhältnisse
       dramatisch. Premierminister Wen Jiabao will das ändern – genug Geld in der
       Staatskasse hat er.
       
 (DIR) Kommentar Chinesische KP: Genosse Gerücht schlägt zu
       
       Machtkämpfe hat die Kommunistische Partei Chinas bislang geheim
       ausgetragen. Im Kommunikationszeitalter kann ihr das nur schaden.