# taz.de -- Bund will Stromversorgung sichern: Spannung aufrecht halten
       
       > Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht eine Entschädigung für den
       > Weiterbetrieb notwendiger, aber unrentabler Kraftwerke vor.
       
 (IMG) Bild: Auch in den kalten Monaten soll der Strom fließen.
       
       FREIBURG taz | Die schwarz-gelbe Bundesregierung will ein Gesetz erlassen,
       mit dem Kraftwerksbetreibern das Abschalten unrentabler Anlagen untersagt
       werden kann. Nach einem Gesetzentwurf, der der taz vorliegt, müssen
       Unternehmen künftig die geplante Stilllegung eines jeden Kraftwerks mit
       einer Frist von zwölf Monaten beim Netzbetreiber und der Bundesnetzagentur
       anzeigen.
       
       Die Netzverantwortlichen können dann bestimmen, ob das Kraftwerk weiterhin
       als Reserve bereitgehalten werden muss. Wird diese strategische Reserve
       angeordnet, erhält der Betreiber eine „angemessene Entschädigung“, die auf
       die Strompreise umgelegt wird. Die Bundesregierung rechnet mit einem
       geringen Aufschlag auf den Strompreis, bei Durchschnittsverbrauch etwa 84
       Cent im Jahr.
       
       Zudem sollen Betreiber von Gaskraftwerken in Zukunft zum Abschluss fester
       Gasbezugsverträge verpflichtet werden können. Damit soll eine Situation
       verhindert werden, wie sie im vergangenen Februar an den Rand eines
       Stromausfalls geführt hatte: Während der kältesten Tage musste der Block
       vier des Karlsruher Rheinhafen-Dampfkraftwerks der EnBW wegen eines
       Erdgas-Engpasses vom Netz genommen werden.
       
       Banaler Grund: Die EnBW Kraftwerk AG hatte mit ihrem Lieferanten einen
       unterbrechbaren Gasvertrag abgeschlossen. Solche Verträge, die im Fall
       eines Engpasses andere Abnehmer bevorzugen, sind günstiger zu haben und
       daher bei den Kraftwerksbetreibern beliebt. Wird diese Praxis bei wichtigen
       Gaskraftwerken unterbunden, rechnet die Bundesregierung mit Mehrkosten für
       den Strom eines Durchschnittshaushalts von 53 bis 61 Cent pro Jahr.
       
       ## Gesamtmehrkosten von 2 Euro pro Person
       
       Das Ereignis im Februar habe zudem einen „Mangel der Verzahnung der
       Regelungen für den Strom- und Gasbereich“ deutlich gemacht, heißt es ferner
       in einem Eckpunktepapier zu dem Gesetzentwurf. Deswegen sollen die
       Betreiber von Strom- und Gasleitungen künftig zur Zusammenarbeit
       verpflichtet werden, was weitere Kosten verursacht, die sich laut
       Bundesregierung für einen Durchschnittshaushalt auf 10 Cent pro Jahr
       belaufen. So summieren sich die geschätzten Mehrkosten aller Neuerungen auf
       knapp 2 Euro bei durchschnittlichem Stromverbrauch.
       
       Hintergrund der Gesetzesnovelle sind Stilllegungspläne der
       Kraftwerksbetreiber. Bereits im Mai kursierte eine Liste der
       Bundesnetzagentur, wonach im Jahr 2012 allein in Süddeutschland Altanlagen
       mit einer Leistung von 409 Megawatt und im Folgejahr solche mit 1.037
       Megawatt vom Netz gehen sollen. Der Einsatz dieser Kraftwerke sei
       wirtschaftlich nicht mehr möglich, heißt es, weil die Anlagen auf dem
       zumeist gut versorgten Strommarkt nur noch kurze Jahreslaufzeiten erreichen
       würden.
       
       Die Bundesnetzagentur iat zuversichtlich, auch im kommenden Winter die
       Stromversorgung trotz Abschaltung von Atomkraftwerken stabil halten zu
       können. „Einige Probleme des vergangenen Jahres sind zwischenzeitlich
       ausgeräumt, sagte kürzlich der Chef der Netzagentur, Jochen Homann, in
       einem Zeitungsinterview. Man denke auch darüber nach, die Leistung der
       sogenannten Kaltreserve von 1.600 auf 2.000 Megawatt zu erhöhen. Das sind
       fossil befeuerte Kraftwerke, die bereits stillgelegt sind, die aber im
       Falle von Engpässen reaktiviert werden können.
       
       21 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernward Janzing
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ökostrom
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
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